Adriaen van Ostade

Der bucklige Geiger, um 1654

Dieses Blatt diente als Vorlage für die gegenseitig ausgerichtete Radierung B. 44. Für die Übertragung auf die Druckplatte wurden die Konturen der Zeichnung, anders als von Slatkes im Amsterdamer Ausstellungskatalog von 1998 beschrieben, mit dem Griffel überarbeitet. Das Motiv der Musiker vor einem Wirtshaus begegnet ähnlich auf der Radierung B. 45. Auf unserer Darstellung wurde das Gasthausschild mit dem Schwan wohl anlässlich eines Feiertages von einer Girlande umkränzt.(Anm.1)
Über die mutmaßliche Datierung der Radierung B. 44 sind die Meinungen geteilt. Godefroy und Schnackenburg konnten, vermutlich hinter der Signatur, die Jahreszahl „1654“ ausmachen, Pelletier und Muthmann sahen hingegen keine entsprechende Bezeichnung, und Rassieur konnte nur die Zahl „16“ entziffern. Gleichwohl ist ein Ansatz um 1654 auch aus stilistischen Gründen naheliegend und wäre gut auf die Zeichnung zu übertragen.(Anm.2)
Auch für die flüchtige Graphitstudie auf der Rückseite des Blattes besteht ein Radierungsbezug. Hier handelt es sich offenbar um den Erstentwurf zu dem sitzenden Biertrinker auf Inv.-Nr. 1957-262.
Die Bedeutung des Blattes wurde bereits von Zeitgenossen erkannt: Eine seitengleiche aquarellierte Fassung von 1675 entstand wohl im Zusammenhang mit einem Faksimilestich; eine annähernd maßgleiche gezeichnete Kopie wurde 1934 in Genf versteigert.(Anm.3)

Annemarie Stefes

1 Slatkes, in: Peter van der Coelen: Everyday Life in Holland's Golden Age - the complete etchings of Adriaen van Ostade, Ausst.-Kat. Amsterdam, Museum Het Rembrandthuis, Amsterdam 1998; vgl. ebd. zu der negativen Konnotation der wandernden Musiker, die hier auch durch den verwachsenen Körper des Geigers zum Ausdruck kommt.
2 Zu der Datierung von B. 44 vgl. die Zusammenfassung von Rassieur 1998, S. 43, Anm. 47; vgl. ebd. S. 48.
3 Erwähnt bei Bernhard Schnackenburg: Adriaen van Ostade, Isack van Ostade. Zeichnungen und Aquarelle. Gesamtdarstellung mit Werkkatalogen, 2 Bde, Hamburg 1981, S. 94–95, Aukt.-Kat. Leipzig, Boerner, 4. 5. 1905, Nr. 459; Aukt.-Kat. Genf, Moos, 28. 4. 1934, Nr. 31. Ein Exemplar des Faksimiledruckes befindet sich laut Schnackenburg in Frankfurt am Main, Städel Museum, Graphische Sammlung.

Details zu diesem Werk

Graphit, Feder in Braun, braun laviert; Griffelspuren; Einfassungslinien (Feder in Schwarz) 155mm x 110mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 22267 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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