Adriaen van Ostade

Die Tricktrackspieler, um 1668

Tricktrack- oder Backgammonspieler begegnen häufig im Œuvre Adriaen van Ostades.(Anm.1) Diesem Spiel eignete im 17. Jahrhundert für gewöhnlich eine negative Konnotation, wie sie sich schon in der niederländischen Bezeichnung „Verkeerbord“ („Umkehrbrett“) niederschlägt.(Anm.2) Hier überlagert die für Van Ostade charakteristische behagliche Atmosphäre die schlechten Assoziationen: Ein Mann genießt am offenen Fenster das wärmende Licht eines sonnigen Tages und veranschaulicht damit sehr schön Van Ostades Interpretation des Bauerngenres, in der Licht und Raum eine den Figuren gleichwertige Rolle einnehmen.(Anm.3)
Harzen beschrieb die Zeichnung, ebenso wie Inv.-Nr. 22265, 22262 und 22263 als aus der Sammlung Mariette stammend. In dessen Auktionskatalog von 1775 können sie jedoch nicht identifiziert werden, auch fehlt die charakteristische Sammlermarke (L. 1852).(Anm.4) Immerhin deuten die auf allen vier Zeichnungen festzustellenden Spuren eines grünen Unterlegkartons auf gemeinsame Provenienz. Vielleicht handelt es sich bei diesen Blättern um die von Harzen 1831 auf der Auktion der Sammlung Verbrugge erworbenen Radierungsentwürfe, die im Katalog der Versteigerung als „Vier kleine Zeichnungen … nebst drei danach gestochenen kleinen Platten, alle auf einem Blatt“ beschrieben wurden.
Die Zeichnung diente als Entwurf zu Van Ostades Radierung B. 39.(Anm.5) Dabei wurde der schlafende Hund links unter der Sitzbank offenbar nachträglich ausgelöscht, wie schon Harzen in seinem Inventar beobachtete. Am oberen Rand erweiterte der Künstler die Komposition mit Blick auf die radierte Fassung.
Schnackenburg datierte die Radierung in die zweite Hälfte der 1650er Jahre. Dies wurde kürzlich korrigiert: Die Analyse der Platte und das Wasserzeichen auf einem Abzug des zweiten Zustands weisen auf eine Entstehung um 1668.(Anm.6)
Wohl in den frühen 1670er Jahren griff Van Ostade erneut auf das Blatt zurück, als Vorlage für eine farbige detaillierte Fassung, die sich heute in London befindet. Für diese Variante wurde der schlafende Hund schließlich übernommen.(Anm.7)

Annemarie Stefes

1 Z. B. auf Zeichnungen in Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 11878, Elfried Bock, Jakob Rosenberg: Die niederländischen Meister. Beschreibendes Verzeichnis sämtlicher Zeichnungen, Staatliche Museen zu Berlin. Die Zeichnungen alter Meister im Kupferstichkabinett, 2 Bde., Berlin 1930, Bd. 1, S. 207; London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1836,0811.414; Cambridge (Mass.), Harvard Art Museums, Fogg Museum, Inv. Nr. 1999.159.
2 Vgl. Eddy de Jongh: Tot lering en vermaak: betekenissen van Hollandse genrevoorstellingen uit de zeventiende eeuw, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksmuseum, Amsterdam 1976, S. 109–111; Mirror of Everyday Life. Genreprints in the Netherlands 1550-1700, bearb. v. Eddy de Jongh, Ger Luijten Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Ghent 1997, S. 206–208; Peter van der Coelen: Everyday Life in Holland's Golden Age - the complete etchings of Adriaen van Ostade, Ausst.-Kat. Amsterdam, Museum Het Rembrandthuis, Amsterdam 1998.
3 Bernhard Schnackenburg: Adriaen van Ostade, Isack van Ostade. Zeichnungen und Aquarelle. Gesamtdarstellung mit Werkkatalogen, 2 Bde, Hamburg 1981, Bd. 1, S. 57.
4 Es sei denn, dass beide Zeichnungen zuvor verkauft oder auf der Auktion gemeinsam mit den zugehörigen Stichen in einem Konvolut erfasst wurden, vgl. ebd. S. 292, Nr. 568: „Plus, 100 petites & moyennes pieces d’après Ostade, plus de 50 sont gravées à l’eau forte par lui-même & plusieurs avec des differences … les autres sont gravées par C. & J. Visscher, Suyderhoef, & c.“.
5 Im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle neben der Zeichnung montiert, ohne Inv.-Nr.
6 Slatkes, in: Peter van der Coelen: Everyday Life in Holland's Golden Age - the complete etchings of Adriaen van Ostade, Ausst.-Kat. Amsterdam, Museum Het Rembrandthuis, Amsterdam 1998; Tom Rassieur: Adriaen van Ostade, the Methodical Artist: Preparatory Drawings, a Chronology, and Rembrandt, in: Ausst.-Kat. Amsterdam 1998, S. 31-53, S. 47–48.
7 London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1895,0915.1233, mit 81 x 73 mm annähernd maßgleich.

Details zu diesem Werk

Graphit oder schwarze Kreide, Feder in Braun, grau laviert; Griffelspuren; Reste von Einfassungslinien (schwarze Kreide) 82mm x 72mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 22265 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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