Aert van der Neer (der Ältere)
Dorflandschaft bei Sonnenuntergang, um 1650
Das Hamburger Blatt gehört zu den zwölf für authentisch erklärten Zeichnungen Aert van der Neers.(Anm.1) Schulz hielt eine Entstehung nach den um 1645/46 datierten Blättern in Berlin und St. Petersburg für wahrscheinlich.(Anm.2) Ungewöhnlich innerhalb des kleinen gezeichneten Œuvres sind Motiv und Nahsichtigkeit. Van der Neer arbeitete mit wenigen Farben und bezog auch den Papiergrund mit ein: Weiß ausgesparte Flecken geben eine Vorstellung von der Spiegelung auf einem regennassem Weg oder einer vereisten Wasserfläche. Die bläuliche Verfärbung im Mittelgrund ist die unbeabsichtigte Folge der Überarbeitung mit Deckweiß zur Kaschierung einer zaunartigen Struktur. Seltsam unbestimmt bleiben die Lichtverhältnisse, wie nicht zuletzt aus den unterschiedlichen Titeln des Blattes ersichtlich wird: Bei Harzen wurde das Blatt als „Kanallandschaft bei Mondlicht“ geführt, Bachmann nannte es eine „Regennasse Straße bei Mondlicht“, und im Hamburger Ausstellungskatalog von 1994 lief es unter dem Titel „Sonnenuntergang im Wald“. Angesichts des in großen Partien hell gehaltenen Himmels und der beiden Figuren ist eine Deutung als Nachtszene eher auszuschließen.
Annemarie Stefes
1 Wolfgang Schulz: Aert van der Neer, Aetas Aurea. Monographs on Dutsch & Flemish Painting XVIII, Doornspijk: Davaco Publishers 2002, S. 481.
2 Ebd. S. 482; Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 8506, Wolfgang Schulz: Aert van der Neer, Aetas Aurea. Monographs on Dutsch & Flemish Painting XVIII, Doornspijk: Davaco Publishers 2002, Nr. D2; St. Petersburg, Staatliches Museum Eremitage, Inv.-Nr. 5994, Wolfgang Schulz: Aert van der Neer, Aetas Aurea. Monographs on Dutsch & Flemish Painting XVIII, Doornspijk: Davaco Publishers 2002, Nr. D 10.