Pieter Cornelisz. van Slingelandt, zugeschrieben
Gabriel Metsu, ehemals zugeschrieben

Stehendes Mädchen mit betend aneinandergelegten Händen

Die alte Zuschreibung an Gabriel Metsu wurde von Adriaan Waiboer abgelehnt.(Anm.1) Unabhängig voneinander brachten J. Q. van Regteren Altena und Ellen Caljé van den Berg das Blatt mit Pieter van Slingelandt in Verbindung.(Anm.2) Dies wurde kürzlich bestätigt von Fred G. Meijer.(Anm.3)
Die Studie eines betenden kleinen Mädchens entstand vermutlich als Vorarbeit zu einer gemalten Figur. Zwar konnte ein entsprechendes Motiv im Œuvre Van Slingelandts bislang nicht nachgewiesen werden, doch passt das seit dem frühen 17. Jahrhundert beliebte Thema des „Gebets vor der Mahlzeit“ gut in sein ikonographisches Repertoire.(Anm.4)
Stilistisch unserem Blatt vergleichbar ist die traditionell Van Slingelandt gegebene „Studie eines nähenden Knaben“: in den drahtig-festen Konturen und der nuancierten Modellierung von Gesicht und Kleidung.(Anm.5) Als weiterer Anhaltspunkt können Zeichnungen wie das „Paar im Weinkeller“ herangezogen werden.(Anm.6) Charakteristisch für die Hand des Künstlers ist die weiche Modellierung bei geschlossenen, zart mit Kreide umrandeten Umrissen.

Annemarie Stefes

1 Mitteilung per E-Mail vom 3. 4. 2005.
2 Karteinotiz im Archiv des Kupferstichkabinetts der Hamburger Kunsthalle; Vermerk auf der Photokartei des RKD (1972).
3 Mündlich am 3. 10. 2008, auf Grundlage einer Digitalphotographie.
4 Zu den frühesten Fassungen dieses Themas gehören je ein Stich von Crispijn de Passe nach Maerten de Vos (H. 612) und Claes Jansz. Visscher (H. 14), vgl. Mirror of Everyday Life. Genreprints in the Netherlands 1550-1700, bearb. v. Eddy de Jongh, Ger Luijten Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Ghent 1997, Nr. 20. Später schuf Jan Steen mehrere Varianten der „Betenden Familie“, darunter ein um 1665 entstandenes Gemälde mit einer vergleichbaren Figur, London, National Gallery, Inv.-Nr. NG 2558. Vgl. auch Inv.-Nr. 22307.
5 Haarlem, Teylers Museum, Inv.-Nr. R 80, Eric Jan Sluijter, Marlies Enklaar, Paul Nieuwenhuisen: Leidse Fijnschilders. Van Gerrit Dou tot Frans van Mieris de Jonge 1630-1760, Ausst.-Kat. Stedelijk Museum De Lakenhal, Leiden 1988, Nr. 69.
6 Aukt.-Kat. Amsterdam, Sotheby Mak van Waay, 18. 11. 1980, Nr. 84.

Details zu diesem Werk

Schwarze Kreide; Einfassungslinien (schwarze Kreide) 334mm x 223mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 22154 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

Wir sind bestrebt, die Art und Weise zu hinterfragen, wie wir über Kunst und unsere Sammlung sprechen und diese präsentieren. Daher freuen wir uns über Ihre Anregungen und Hinweise.

Feedback