Jacob van Lint, zugeschrieben, Zeichner
Peter van Lint, ehemals zugeschrieben

Blick auf Vatikan und Engelsburg in Rom

Aus westlicher Richtung fällt der Blick auf den Petersdom in Rom. Rechts erkennt man den Vatikanischen Palast, in der Mitte die Engelsburg und im rechten Vordergrund die Kuppel des Pantheons. Diese befindet sich in Wirklichkeit links außerhalb des Bildausschnittes: Diese Wahrzeichen der Stadt Rom wurden also teilweise frei miteinander kombiniert, womit das Blatt als Capriccio ausgewiesen ist.
Bislang lag diese in Ölfarben auf Papier gearbeitete Zeichnung unter dem Namen des Peter van Lint, offenbar in Unkenntnis der Tatsache, dass sich der rückseitig notierte Bentname „Studio“ auf dessen Sohn Hendrik Frans van Lint (1684–1763) bezieht.(Anm.1)
Thematisch ginge die alte Zuschreibung durchaus konform mit diesem auf Vedutenmalerei spezialisierten Künstler, der von 1697 mit kurzer Unterbrechung bis zu seinem Tod in Italien lebte und zu den letzten Mitgliedern der niederländischen „Schildersbent“ in Rom gehörte, bevor diese 1720 auf Geheiß von Papst Clemens XI. aufgelöst wurde.(Anm.2) Zu den in großer Zahl vorliegenden Zeichnungen Van Lints – auf seinen Fleiß bezog sich der Beiname „Studio“ – fehlt indes die stilistische Verbindung, denn diese Blätter sind größtenteils in Graphit und grauer Tusche ausgeführt.(Anm.3) Auch die in der Ausführung unserem Blatt verwandten Temperazeichnungen, die Van Lint zugeschrieben werden, unterscheiden sich in den deutlich stärker artikulierten Konturlinien von unserer Zeichnung; zudem fehlen hier die für Hendrik Frans van Lint charakteristischen weißen Cumuluswolken.(Anm.4)
Insgesamt macht das Blatt einen fortgeschritteren Eindruck, die Ausführung lässt eher an eine Entstehung im späten 18. Jahrhundert denken. Aus diesem Grund nahe liegend wäre die Autorschaft des in Rom geborenen Jacob van Lint, der sich wie sein Vater Hendrik Frans auf die Vedutenmalerei spezialisierte. An dessen Gemälde erinnern Farbwirkung und Baumschlag sowie die etwas flächiger angelegten Wolken.(Anm.5) Die weniger stark artikulierte Gebäudewiedergabe wäre durch den etwas skizzenhaften Charakter des kleinformatigen Blattes zu erklären.

1 Vgl. Andrea Busiri Vici: Peter, Hendrik e Giacomo Van Lint. Tre pittori di Anversa del '600 e '700 lavorano a Roma, Rom 1987, S. 23. Harzen kannte diese Zusammenhänge und hatte das Blatt folgerichtig als Werk des Hendrik Frans van Lint inventarisiert.
2 Vgl. An Zwollo: Hollandse en Vlaamse veduteschilders te Rome 1675-1725, Assen 1973, S. 92.
3 Ein größeres Konvolut seiner Zeichnungen befindet sich im Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, die bis zu ihrer Zuschreibung unter dem Namen des „Anonymus Pacetti“ verwahrt wurden, vgl. An Zwollo: Hollandse en Vlaamse veduteschilders te Rome 1675-1725, Assen 1973, S. 92, Anm. 176 mit weiteren Verweisen.
4 „Piazza della Rotonda“ und „Engelsburg“ (je 100 x 150 mm), Aukt.-Kat. Rom, Christie’s, 3. 6. 1997; „Cestius-Pyramide“ (Gouache auf Pergament, 103 x 153 mm), Aukt.-Kat. Rom, Christie’s, 1. 12. 1998, Nr. 109.
5 Z. B. die signierte „Ansicht von San Giovanni in Lateran“, Rom, Privatbesitz, Andrea Busiri Vici: Peter, Hendrik e Giacomo Van Lint. Tre pittori di Anversa del '600 e '700 lavorano a Roma, Rom 1987, Nr. 340, die „Ansicht der Apsis des Petersdomes“, Standort unbekannt, ebd. Nr. 343, oder die in der Vegetationswiedergabe verwandten römischen Veduten an ebenfalls unbekanntem Standort, ebd. Nr. 347, 348.

Details zu diesem Werk

Ölfarbe auf hellbraunem Papier 209mm x 147mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 22121 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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