Joris van der Haagen
Isaac de Moucheron, Mitarbeit

Jäger im Wald von Den Haag, um 1647

Anders als der Name vermuten lässt, stammte die Familie Van der Haagen nicht aus Den Haag, sondern war im Zuge der Protestantenverfolgung aus den südlichen Niederlanden eingewandert.(Anm.1) Joris van der Haagen lebte von 1639 bis zu seinem Tod 1669 in Den Haag und gehörte zu den prägenden Künstlern der Stadt.(Anm.2) Das Haager Gehölz („de Haagse Bos“) gehörte zu seinen bevorzugten Motiven. In seinem Werkverzeichnis (1932) werden 23 gezeichnete Ansichten dieses beliebten Erholungsgebietes aufgeführt, auf größtenteils blauem Papier gearbeitet: Das Hamburger Blatt gehört zu den wenigen hellgrundigen Exemplaren.(Anm.3)
Viele dieser Ansichten tragen eigenhändige Bezeichnungen, die allerdings durch spätere Beschneidung nicht immer eindeutig zu entziffern sind.(Anm.4) Die Verwendung brauner Tinte im Kontrast zu der grau getuschten Zeichnung klassifiziert die Beischrift des Hamburger Blattes als vermutlich spätere Zutat. Der Zusatz „nomb“ verrät die Absicht des Künstlers, das Blatt zu nummerieren. In der Regel wurde diese Nummer jedoch nicht eingetragen, wie auch im Falle vorliegender Zeichnung.(Anm.5)
Aus stilistischer Sicht wird unser Blatt in die frühe Werkphase gesetzt, anzuschließen an eine 1647 datierende Zeichnung in Privatbesitz.(Anm.6)
Für die Staffage seiner gemalten Landschaften und Stadtansichten bediente sich Van der Haagen häufig der Hand befreundeter Künstler wie Ludolf de Jongh, Paulus Potter oder Nicolaes Berchem, und auch seine Zeichnungen wurden mitunter von Kollegen staffiert.(Anm.7) Im Falle des vorliegenden Blattes war nach Harzens Angabe Adriaen van de Velde verantwortlich für die figürlichen Elemente, im Auktionskatalog der Sammlung Muilman (1773) wurden diese jedoch Isaac de Moucheron zugeschrieben.(anm.8)
Das Haager Gehölz wurde auch von anderen Künstlern gerne gezeichnet. In der Hamburger Kunsthalle befinden sich entsprechende Ansichten von der Hand Roelant Roghmans, Jacob van der Ulfts und Adriaen Verbooms (Inv.-Nr. 22430, 23600, 22633). Diese Arbeiten kamen sicherlich einer entsprechenden Nachfrage entgegen: Ähnlich wie der Haarlemer Wald war das Haager Gehölz im 17. Jahrhundert ein beliebter Erholungsort, nachdem es nach Abschaffung der fürstlichen Jagdprivilegien 1613 der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden konnte.(Anm.9)

Annemarie Stefes

1 Edwin Buijsen (Hrsg.): Haagse Schilders in de Gouden Eeuw. Het Hoogsteder Lexicon van alle schilders werkzaam in Den Haag 1600-1700, Zwolle 1998, S. 146; der Name bezog sich auf das Landgut Ter Hage bei Antwerpen.
2 Ebd. S. 147.
3 J. K. van der Haagen: De Schilders van der Haagen en hun Werk, Voorburg 1932, S. 36; vgl. ebd. Nr. 78T-93T.
4 Dies betrifft z. B. auch zwei Zeichnungen in Haarlem, Teylers Museum, Inv.-Nr. U*21 und Inv.-Nr. U*23, Michiel C. Plomp: Jan Pietersz. Zomer's inscriptions on drawings, in: Delineavit et Sculpsit 17, 1997, S. 13-27, S. 177, Nr. 178 und S. 178, Nr. 180.
5 J. K. van der Haagen: De Schilders van der Haagen en hun Werk, Voorburg 1932, S. 25.
6 Ehemals Sammlung M. J. F. W. van der Haagen, J. K. van der Haagen: De Schilders van der Haagen en hun Werk, Voorburg 1932, S. 36, Nr. 402T. – Vgl. Die Landschaft im Jahrhundert Rembrandts. Niederländische Zeichnungen des 17. Jahrhunderts aus der Graphischen Sammlung Albertina, Ausst.-Kat. Wien, Graphische Sammlung Albertina, Wien 1993, Nr. 69 zu einer mit der Jahreszahl 1658 versehenen Zeichnung in Wien, Grafische Sammlung Albertina, Inv.-Nr. 15132.
7 J. K. van der Haagen: De Schilders van der Haagen en hun Werk, Voorburg 1932, S. 44.
8 Ebenfalls von Moucheron staffiert ist eine Zeichnung in St. Petersburg, Staatliches Museum Eremitage, Inv.-Nr. 5956, J. K. van der Haagen: De Schilders van der Haagen en hun Werk, Voorburg 1932, Nr. 85T.
9 Dumas 1991, S. 179–180; zu dem „Haarlemmse Hout“ vgl. Inv..-Nr. 21977.

Details zu diesem Werk

Schwarze Kreide, Pinsel in Grau; Einfassungslinien (Feder in Braun) 202mm x 315mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 22014 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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