Karel la Fargue

An der Vliet bei Voorburg, um 1775

Karel la Fargue wurde in Voorburg geboren, wo er vermutlich auch seine Jugendjahre verbrachte; von 1768 bis zu seinem Tod im Jahre 1793 lebte er im nahe gelegenen Den Haag. La Fargue spezialisierte sich auf Fälschungen und Nachahmungen von Werken des 17. Jahrhunderts – es sind derzeit 194 derartige Zeichnungen bekannt, allein die Kunsthalle besitzt acht dieser Blätter (Inv.-Nr. 21847;22013;22077;21789;21788;22455;22635;1916-492).(Anm.1) Wie sein älterer Bruder Paulus Constantijn schuf er daneben auch topographische Ansichten. Zu dieser Werkgruppe gehört das vorliegende Blatt. Der Blick geht entlang der Vliet, die das Dorf Voorburg nach rechts abgrenzt, in Richtung Leidschendam. Im unmittelbaren Vordergrund befindet sich die „Kerkbrug“, am Horizont ist die „Wijkerbrug“ zu sehen. Dem „Jaagdpad“ am rechten Ufer der Vliet entspricht der heutige „Westvlietweg“.(Anm.2)
Offensichtlich gab es einen eigenen Markt für derartige Ortsansichten, denn zu unserer Zeichnung existieren mindestens zwei gezeichnete Varianten. Eine ist mit 154 x 212 mm annähernd gleichgroß und stimmt auch in der Staffage mit unserem Blatt größtenteils überein.(Anm.3) Sie ist an anderer Stelle – unten links – signiert mit dem Zusatz „ad viv. f.“. Die zweite Variante, abweichend in der Staffage und der Proportionierung von Gebäuden und Bäumen, stammt von der Hand des Paulus Constantijn la Fargue, unter dessen Name das Hamburger Blatt von Harzen aufgeführt wurde.(Anm.4) Sie ist mit 297 x 383 mm nahezu doppelt so groß, noch bildmäßiger in der Ausführung und um 1756/57 anzusetzen, während die beiden Fassungen Karel la Fargues aus stilistischen Gründen um 1775 datiert werden.(Anm.5) Vermutlich gehen alle drei Zeichnungen zurück auf eine ältere Vor-Ort-Aufnahme des Paulus Constantijn. Dieser besaß mehrere mit Naturstudien gefüllte Skizzenbücher, die er – ebenso wie seine jüngeren Brüder Karel und Jacob Elias – als Ausgangspunkt für seine bildmäßigen Zeichnungen nutzte.(Anm.6) Der Zusatz „ad vi[v]“ bezieht sich offenkundig auf diesen „Prototypen“. Zur Duplizierung seiner Zeichnung nutzte Karel la Fargue möglicherweise das Abklatschverfahren. Angesichts der klaren und scharfen Linienführung wäre unser Blatt dabei als Erstfassung anzusehen, die vermutlich durch einen Gegendruck, von dem wiederum ein Abklatsch genommen wurde, vervielfältigt wurde.(Anm.7)

Annemarie Stefes

1 Dumas/Plomp publizierten im Jahre 1998 179 Fälschungen La Fargues; seitdem wurden 15 weitere Zeichnungen dieser Gattung bekannt, wie Charles Dumas kürzlich mitteilte (per E-Mail vom 24. 9. 2009).
2 Die topographische Bestimmung greift zurück auf das Dissertationsmanuskript von Charles Dumas zu der Künstlerfamilie La Fargue.
3 Den Haag, Haags Gemeentearchief, Inv.-Nr. kl. A 2693.
4 Den Haag, Haags Gemeentearchief, Inv.-Nr. gr. A 1159.
5 Charles Dumas, Mitteilung per E-Mail, 24. 9. 2009.
6 Ebd.
7 Ebd.

Details zu diesem Werk

Schwarze Kreide, grau laviert auf ehemals weißem Papier; Einfassungslinien (schwarze Kreide) 158mm x 215mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21933 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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