Cornelis Dusart

Wir sind sieben, um 1695

Nachdem Dusart seine Graphiken zunächst in konventioneller Form radierte, wandte er sich Mitte der 1680er Jahre dem in dieser Zeit immer beliebter werdenden Schabkunstverfahren zu.(Anm.1) Seine frühesten Werke in dieser Technik sind Genrethemen, die damit assoziierten Entwürfe ebenfalls breit mit grauer Farbe laviert.(Anm.2) Auch für das vorliegende Blatt existiert ein korrespondierendes Schabkunstblatt (H. 41), das um 1695 angesetzt wird.(Anm.3) Dargestellt ist eine närrische Gesellschaft: Ein dicker, mit einer Kette aus Würsten geschmückter und von einer Laterne bekrönter Koch trägt ein Ferkel unter dem Arm und wird von einem Narren begleitet, der auf einem Esel reitet und auf seinen Schultern einen Knaben trägt. Dieser hält einen Rummelpott und ebenfalls eine Wurst in den Händen, an seinem Arm hängt eine aufgeblasene Schweinsblase.(Anm.4) Komplettiert wird die Truppe durch ein Käuzchen mit Radkragen und – den Betrachter selbst. Denn wie schon Harzen bemerkte, lag der „Witz dieser Darstellung … darin, daß der Beschauer veranlaßt wird, zu diesen Wesen das siebente zu suchen, womit er selber gemeint ist und nicht der Blasebalg“. Diese hintersinnige Einbeziehung des Betrachters war ein europaweit beliebter Scherz; als unmittelbare Inspirationsquelle kannte Dusart wohl ein heute verschollenes Gemälde Adriaen van de Vennes (1589–1662).(Anm.5) So nimmt es nicht wunder, dass, um die Breitenwirkung dieser Botschaft sicherzustellen, die Bildunterschrift „Wij zijn zéven“ auf der gedruckten Fassung in die Sprachen Latein, Deutsch, Französisch und Englisch übersetzt wurde („Nos sumus septem“, „Wir sind sieben“, „Nous sommes sept“, „We are seven“).

Annemarie Stefes

1 Vgl. Gerdien Wuestman: The mezzotint in Holland: "Easily learned, neat and convenient", in: Simiolus 23, 1995, S. 63-89, S. 71–75.
2 Z. B. das „Schlachtfest“ in der Kunsthalle Bremen, Inv.-Nr. 56/268, Kunsthalle Bremen 1998, S. 60–61, das in engem Bezug steht zu der November-Darstellung H. 30. Die ebenfalls grau lavierten Vorlagen zu der Monatsserie H. 20–31 werden von Susan Anderson um 1695 datiert (Mitteilung per E-Mail, 8. 12. 2008).
3 Anderson ebd. hält aus stilistischen Gründen auch für diese Zeichnung eine Entstehung um 1695 für wahrscheinlich.
4 Auf der Radierung ist diese Figur noch drastischer formuliert, mit einem Holzbein und einem Vorhängeschloss an den Lippen.
5 Philipp Ackermann: Textfunktion und Bild in Genreszenen der niederländischen Graphik des 17. Jahrhunderts, Diss., Univ., Bonn 1993, S. 149 unter Verweis auf Annelies Plokker: Adriaen Pietersz. van de Venne (1589-1662). De Grisailles met spreukbanden, Leuven u. a. 1984, S. 243, Nr. 104. Im online-Katalog des British Museum werden verwandte Darstellungen aus Italien und Deutschland angeführt, so z. B. Giuseppe Calettis „Noi siamo sette … Contate bene“, um 1620/30, B. deest, London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. S.6595, mit Vorzeichnung ebd., Inv.-Nr. 1980,1011.5; Giuseppe Maria Mitellis „Noi siamo sette“ von 1687, ebd. Nr. 1893,0331.13, oder der anonyme deutsche Stich „Unser sind Siben“, um 1650, ebd. Inv.-Nr. 1880,0710.841.

Details zu diesem Werk

Schwarze Kreide, Pinsel in Grau; Griffelspuren; Einfassungslinien (Feder in Braun) 238mm x 182mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21879 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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