Johann Liss

Streitende Bauern, um 1618

Das als Pieter Breughel der Ältere inventarisierte Blatt hat laut Steinbart erstmals Friedrich Winkler mündlich als eine Zeichnung von Johann Liss bestimmt. Sie ist wohl um 1618 am Ende seines Aufenthaltes in Antwerpen entstanden, als die Breughel-Söhne Jan d. Ä. und Pieter d. J. eine ähnliche Komposition von Pieter Breughel d. Ä. in mehreren Kopien verbreiteten. Das Blatt von Liss ist in Breughels Manier gehalten, weshalb es nicht verwundert, dass Wenzel Hollar es 1646 in einer Radierung unter Breughels Namen reproduziert hat.(Anm.1) Klessmann hat 1975 zudem auf eine weitere Bildquelle für Liss’ Darstellung aufmerksam gemacht, auf Hans Sebald Behams Kupferstich „Bauernstreit“ aus der Folge seiner 1546/47 entstandenen Monatsdarstellungen (Bartsch 154 ff.).
Ungewöhnlich für Liss ist der Ausarbeitungsgrad der Zeichnung, der sich von Gemälde vorbereitenden und den als „ricordi“ aufzufassenden Zeichnungen unterscheidet. Das in den Lavierungen und differenzierten Weißhöhungen bildmäßig durchgestaltete Blatt war möglicherweise von Beginn an als Vorlage für einen Stich bestimmt.
Die Datierung der Zeichnung ergibt sich aus ihrem Zusammenhang mit dem Bauernstreit in Nürnberg (Anm.2), den Liss unmittelbar nach seiner Ankunft in Venedig 1620 geschaffen hat und zu dem die Hamburger Zeichnung ein erster, noch in Antwerpen entstandener Bildgedanke ist. Eine solche Datierung stützt auch das Wasserzeichen, das auf ein vermutlich vor 1618 in Oberösterreich hergestelltes Papier schließen lässt.(Anm.3) Den Reiz des Themas belegt eine weitere, bereits in Venedig entstandene Zeichnung mit einem zankenden Bauernpaar in München.4

Peter Prange

1 Pennington 1982, S. 95, Nr. 599. Die Annahme von Hans Mielke: Wenzel Hollar. Radierungen und Zeichnungen aus dem Berliner Kupferstichkabinett, Berlin 1985, S. 51, Nr. 153, Hollar müsse auf Grund der bei Liss fehlenden Spielkarten – die Ursache des Streits – eine Wiederholung der Hamburger Zeichnung vorgelegen haben, ist dagegen wenig wahrscheinlich.
2 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Inv.-Nr. Gm 1163, vgl. Klessmann 1999, S. 164, Nr. 31, Taf. 3.
3 Nach Georg Eineder: The Ancient Paper-Mills of the Former Austro-Hungarian Empire and their Watermarks, Hilversum 1960, S. 64, stehen die Initialen V. B. für Valentin Brämer, der die Mühle vor 1599 erwarb und deren Besitzer bis vor 1618 blieb.
4 München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 1996:14 Z, vgl. Klessmann 1999, S. 181, Nr. D 17, Taf. 45.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun und braun laviert auf braun grundiertem Papier, mit weißen Deckfarben gehöht 228mm x 335mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21759 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 15.-18. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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