Adriaen van Ostade, Umkreis
Adriaen Brouwer, ehemals zugeschrieben

Bauern mit ihren Kindern vor der Haustür ("Handjeklap")

Aufgrund der alten Bezeichnung lag diese Zeichnung bisher unter dem Namen des Adriaen Brouwer. Diesem können jedoch nur sehr wenige Zeichnungen sicher zugeschrieben werden, die sich zudem in der strafferen und eckigeren Konturenführung von vorliegendem Blatt unterscheiden (siehe Inv.-Nr. 34130). Nicht nur stilistische Gründe sprechen gegen Brouwers Hand, auch das Wasserzeichen deutet auf eine Entstehung in den 1650er Jahren.
Dargestellt ist das in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts beliebte Spiel „Handjeklap“: Ein Junge verbirgt sein Gesicht im Schoß der sitzenden Frau und muss raten, welcher der anderen Mitspieler ihm in seine auf den Rücken gelegte Hand klatscht.(Anm.1)
Der fließende und suchende Federstrich über einer stellenweise stark abweichenden Graphitvorzeichnung charakterisiert dieses Blatt als freien Entwurf. In Technik und Farbwirkung, aber auch in der räumlichen Anlage erinnert es an Zeichnungen und Radierungen des Adriaen van Ostade. Dessen eigene Hand ist aus stilistischen Gründen zwar auszuschließen, eine Entstehung in seinem Umkreis oder Nachfolge aber durchaus denkbar.(Anm.2) In besonderer Weise mit unserem Blatt verwandt sind frühe Zeichnungen des Cornelis Bega, der wohl vor 1653 bei Van Ostade in die Lehre ging. So finden sich ähnlich sperrige, offene Konturen für die Wiedergabe der Hände, aber auch die verspielt-verschlungene Linienführung im Bereich von Stoffen und Vegetation auf einem Gemäldeentwurf in Weimar, ebenso wie auf einer Gruppe von Kreide- bzw. Rötelzeichnungen in Paris.(Anm.3) Figurentypen wie der von hinten gesehene Knabe mit dem übergroßen Hut begegnen auf diversen Zeichnungen des Künstlers.(Anm.4)

Annemarie Stefes

1 Vgl. ein Gemälde von Kornelis de Man, Den Haag, Koninklijk Kabinet van Schilderijen Mauritshuis, Inv.-Nr. 91, Eddy de Jongh: Tot lering en vermaak: betekenissen van Hollandse genrevoorstellingen uit de zeventiende eeuw, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksmuseum, Amsterdam 1976, Nr. 37 mit weiteren Beispielen.
2 Der Kontext mit der Haarlemer Genrekunst kann die alte Zuschreibung an Brouwer erklären, dessen Aufenthalt in Haarlem (1626–1627) von entscheidendem Einfluss auf die stilistische Entwicklung des Adriaen van Ostade war.
3 Klassik Stiftung Weimar, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. KK 4763, Mary Ann Scott: Cornelis Bega (1631-1664) as Painter and Draughtsman, , University of Maryland, Diss. 1984, Nr. D132, William S. Robinson, Peter Schatborn: Seventeenth-Century Dutch Drawings - A Selection from the Maida and George Abrams Collection, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Wien, Graphische Sammlung Albertina, New York, The Pierpont Morgan Library, Cambridge (Mass.), The Fogg Art Museum 1991, S. 198, Abb. 2; Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 22434, Inv.-Nr. 22436 und Inv.-Nr. 22431, Mary Ann Scott: Cornelis Bega (1631-1664) as Painter and Draughtsman, , University of Maryland, Diss. 1984, Nr. D70, D72 und D69.
4 Siehe Anm. 3; vgl. auch Inv.-Nr. 21737 und die dort erwähnte Zeichnung in den Staatlichen Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 12320, Mary Ann Scott: Cornelis Bega (1631-1664) as Painter and Draughtsman, , University of Maryland, Diss. 1984, Nr. D99; vgl. auch ein um 1654 anzusetzendes Gemälde in Haarlem, Frans Hals Museum, Inv.-Nr. OS I-9.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun über Graphit, grau laviert; doppelte Einfassungslinien (Feder in Braun) 206mm x 243mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21738 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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