Eine in Stil und Motiv eng verwandte Zeichnung befindet sich in Dresden.(Anm.1) Diese ist signiert und trägt die eigenhändige Beischrift „Roma 163(3?)“, bei nicht eindeutig zu bestimmender letzter Ziffer. Der Ausblick aus der Grotte ist auf der Hamburger Zeichnung disziplinierter gearbeitet. Ähnlich feine Laubangaben begegnen im Hintergrund einer wohl 1632 in Rouen entstandenen Zeichnung Boths.(Anm.2) 1632 datiert auch eine formal eng verwandte Radierung (H. 3). Von dieser und den zugehörigen Stichen H. 1–2 unterscheiden sich die Zeichnungen in Hamburg und Dresden in dem Grottenmotiv. Dieses könnte, wie von Janeck vorgeschlagen, auf Anregung Pieter van Laers zurückgehen, den Both vielleicht schon 1633, spätestens aber 1635 in Rom getroffen hatte.
Mindestens zwei weitere Zeichnungen Boths beschäftigen sich ebenfalls mit dem Thema des Einsiedlers. Der „Betende Eremit“ in München ist in gleicher Technik gearbeitet, bei jedoch deutlich gelockerten graphischen Strukturen und einer im Verhältnis zur Rahmung kleiner proportionierten Figur.(Anm.3) Eine kompositorisch unserem Blatt näher stehende Zeichnung in London ist wiederum in Kreide gearbeitet und scheint, stärker als unser Blatt, dem Einfluss von Boths Lehrer Abraham Bloemaert verpflichtet. Auch einige der von Jan Both für Philipps IV. Sommerresidenz Buon Retiro bei Madrid gemalten Landschaften sind mit Eremiten staffiert – vermutlich von Andries Both, der nach Joachim von Sandrart bis zu seinem Tod 1641 die Gemälde seines Bruders mit Figuren versah.(Anm.5)

Annemarie Stefes

1 Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. C 1864-28, Peter Schatborn, Drawn to Warmth. 17th-century Dutch artists in Italy, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 88, Abb. B.
2 „Im Freien speisende Bauern“, Klassik Stiftung Weimar, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. KK 4803, bezeichnet „A. Both / Rouen 1633“; dieses Datum wurde wohl später hinzugefügt und ist nicht korrekt, denn Both lebte schon 1632 in Venedig, vgl. Schatborn, in: Peter Schatborn, Drawn to Warmth. 17th-century Dutch artists in Italy, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 89.
3 München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 7950, Wolfgang Wegner: Die niederländischen Handzeichnungen des 15.-18. Jahrhunderts. Textband, Kataloge der Staatlichen Graphischen Sammlung München, 2 Bde, München 1973, Nr. 302.
4 London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1836,0811.74.
5 Vgl. Malcolm Waddingham: Andries and Jan Both in France and Italy, in: Paragone 15, 1964, Nr. 171, S. 13-43, S. 32–33.

Details zu diesem Werk

• Beschriftung

  Beschriftung fremd: Auf dem Verso unten links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); unten rechts nummeriert: "N 1152" (Bleistift); oberhalb davon bezeichnet: "And: Both" (Bleistift, vor 19. Jh.?)

• Provenienz

  Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 8: "[Andr{aan}ies Both.] Ein Eremit betend in einer Felsgrotte. Feder Bister. 5.3.6.5 Benutzt für sein radiertes Blatt. B 2."; NH Ad: 02: 01, S. 244); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

• Bibliographie

  Die niederländischen Handzeichnungen des 15.-18. Jahrhunderts. Textband, Wolfgang Wegner, 1973, S. Bd. 1, 55-56, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. bei Nr. 302

  Naturalismus und Realismus. Untersuchungen zur Darstellung der Natur bei Pieter van Laer und Claude Lorrain, Axel Janeck, 1976, S. 303, Abb.-Nr.

  Rembrandt und sein Jahrhundert, Bearbeitet von: Eckhard Schaar; Hamburger Kunsthalle, 1994, Abb. S. S. 33, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 21

  Drawn to Warmth. 17th-century Dutch artists in Italy, Bearbeitet von: Peter Schatborn; Rijksprentenkabinet, Amsterdam, 2001, S. 206, Anm. 9, Abb.-Nr.

  Zu Graphik und Zeichnungen der 'Bamboccianti', Anne-Charlotte Steland-Stief, 1991, S. 111, Anm. 30, Abb.-Nr.

  Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, Stefes, Annemarie; Herausgeber: Hubertus Gaßner und Andreas Stolzenburg, 2011, S. 133, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 141