Jan de Beijer

Ansicht des Dorfes Nieuwland, um 1750

Dargestellt ist das Dörfchen Nieuwland bei Leerbroek in der Provinz Zuid-Holland. Im Hintergrund erkennt man die St. Barbara-Kirche aus dem 13. Jahrhundert.
Die Zeichnung wurde mit abweichender Staffage von Philippus van der Schley (1724–1817) gestochen.(Anm.1) Eine ebenfalls seitengleiche, aber geringfügig abweichende Radierung im kleineren Standardformat von 70 x 100 mm aus dem Jahre 1750 war dem sechsten Band von Isaac Tirions „Verheerlykt Nederland“ beigegeben.(Anm.2) Die Übertragungsspuren – geschwärzte Rückseite, mit dem Griffel nachgezogene Konturen – sind sicher im Zusammenhang mit dem annähernd gleich großen Stich Van der Schleys zu betrachten: Es ist davon auszugehen, dass das Blatt als direkte Stechervorlage angelegt war.
Die bislang nicht bekannte vorausgehende Naturstudie De Beijers wird vermutlich im August 1750 entstanden sein.(Anm.3) In dieser Zeit entstanden einige auf den Tag genau datierte Ansichten Geldernscher Dörfer, die jedoch nicht allein De Beijer, sondern auch anderen topographischen Zeichnern zuzuschreiben sind – eine klare Händescheidung wurde erschwert durch die Tatsache, dass diese Künstler gemeinsam reisten und in ihren Arbeiten aufeinander Bezug nahmen.(Anm.4) Zu diesem Werkkomplex gehören zwei am 11. August 1750 gezeichnete „Ansichten von Nieuwland“. Eine dieser Arbeiten ist wohl Paulus van Liender zuzuschreiben und stimmt im Blickpunkt mit Inv.-Nr. 21709b überein, bis hin zu Details wie den rechts am Fuße der Brücke Seil springenden Kindern.(Anm.5) In anderen Bereichen finden sich Abweichungen, nicht nur in der Staffage, sondern auch in den schlanker proportionierten Bäumen am rechten Blattrand. Eher unwahrscheinlich ist daher die von Romers vorgeschlagene formale Abhängigkeit der Lienders-Zeichnung von unserem Blatt, und die beobachteten Spannung zwischen Übereinstimmung und Differenz lässt sich wohl dahingehend auflösen, dass De Beijer und sein Mitarbeiter Van Liender Seite an Seite das Dorf skizzierten. Indirekt bestätigt wird De Beijers Aufenthalt in dieser Gegend durch eine ebenfalls auf den 11. August 1750 datierte Ansicht des nahe gelegenen Dorfes Hoog Blokland.(Anm.6)

Annemarie Stefes

1 H. Romers: J. de Beijer Œuvrecatalogus, 's-Gravenhage 1969, Nr. 1148, 124 x 189 mm,: „De Beyer delin. Het Dorp Nieuland. P.V.D. Schley fec.“.
2 Nr. 498, gestochen von Hendrik Spilman,: „J.D.B.d[elineavit]. Het Dorp Nieuland by Leerbroek. 1750. H.S. f.“, 163 x 102 mm (gemeinsam mit der Ansicht des Dorfes Leerbroek, Nr. 497), 1757 publiziert.
3 H. Romers: J. de Beijer Œuvrecatalogus, 's-Gravenhage 1969, „Reiswijzer“, S. 27.
4 Die Frage der Händescheidung war bereits Romers in seinen späteren Ausgaben bewusst und gehört zu den noch ungelösten Fragen der holländischen Kunst im 18. Jahrhundert.
5 Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1899-A-4170, H. Romers: J. de Beijer Œuvrecatalogus, 's-Gravenhage 1969, Abb. III. Van Liender schuf 1758, vermutlich auf Grundlage dieser Zeichnung, ebenfalls eine gestochene Ansicht des Dorfes (175 x 265 mm), H. Romers: J. de Beijer Œuvrecatalogus, 's-Gravenhage 1969, Abb. IV; ebd. S. 22. Die anonyme Zeichnung vom 11. August befindet sich ebenfalls im Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1899-A-4169.
6 H. Romers: J. de Beijer Œuvrecatalogus, 's-Gravenhage 1969, S. 27.

Details zu diesem Werk

Feder in Grau, stellenweise in Braun, grau laviert; Griffelspuren, Rückseite geschwärzt; Einfassungslinien (Feder in Grau) 131mm x 196mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21709b Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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