Thomas Wijck, zugeschrieben, Zeichner
Jan Asselijn, ehemals zugeschrieben, Zeichner

Halb zerfallener Kalkofen im Gebirge, um 1645

Die italienischen Kalköfen, in denen der aus den antiken Gemäuern gewonnene Marmor zu Kalk gebrannt wurde, waren ein beliebtes Motiv der niederländischen „Italianisanten“. Die vorliegende Zeichnung galt bislang als Werk des Jan Asselijn und wurde als solches auch von Steland akzeptiert, anzuschließen an Inv.-Nr. 1963-113 und an frühe Arbeiten wie die Stuttgarter „Felsenstraße“.(Anm.1) Von dieser ausschließlich mit Pinsel gearbeiteten Zeichnung unterscheidet sich unser Blatt jedoch in der zusätzlichen Verwendung von Graphit und der kompakteren Modellierung mit weniger strähnigem Pinselstrich.
Erste Zweifel an Asselijns Hand wurden geäußert von Welcker.(Anm.2) Lisa Oehler sah eine stilistische Verbindung zu Jan Both, doch sind verwandte Zeichnungen dieses Künstlers deutlich flüssiger gearbeitet.(Anm.3) Viel eher lässt sich das Blatt mit Zeichnungen des Thomas Wijck vergleichen, wie Peter Schatborn auf dem Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22. 2. 2008 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle nahe legte, mit Verweis auf eine signierte Zeichnung in Brüssel.(Anm.4) Dort ist ebenfalls ein Kalkofen dargestellt, und das dichte, schichtweise übereinander gelagerte Lavis lässt sich gut mit unserer Zeichnung vergleichen, ebenso wie die schweren, großzügig lavierten Wolken. Auf Wijck-Zeichnungen wie der um 1645 angesetzten, ebenfalls über Graphit ausgeführten „Ansicht einer italienischen Stadt“ finden sich auch die etwas spröde konturierten Figuren und die durch Zickzacklinien aufgelockerten Gebäudekonturen.(Anm.5) Ein ähnlich früher zeitlicher Ansatz wäre für das Hamburger Blatt in Betracht zu ziehen.

Annemarie Stefes

1 Stuttgart, Staatsgalerie, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. C 3895, Anne-Charlotte Steland: Die Zeichnungen des Jan Asselyn, Fridingen 1989, Nr. 147.
2 In einer nicht mehr erhaltenen Kartonnotiz, vgl. Wolfgang Wegner: Die niederländischen Handzeichnungen des 15.-18. Jahrhunderts. Textband, Kataloge der Staatlichen Graphischen Sammlung München, 2 Bde, München 1973.
3 Notiz in der Fotokartei des RKD; vgl. „Ruinen des Kolosseums“ in München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 1825, Wolfgang Wegner: Die niederländischen Handzeichnungen des 15.-18. Jahrhunderts. Textband, Kataloge der Staatlichen Graphischen Sammlung München, 2 Bde, München 1973, Nr. 309.
4 „Römischer Kalkofen“, Brüssel, Musées Royaux des Beaux-Arts, Sammlung De Grez, Inv.-Nr. 4060/4199, Holland in Linien. Niederländische Meisterzeichnungen des Goldenen Zeitalters aus den Königlich-Belgischen Kunstmuseen Brüssel, Ausst.-Kat. Brüssel, Musées Royaux des Beaux-Arts de Belgique, Amsterdam, Museum het Rembrandthuis, Aachen, Suermondt-Ludwig Museum, Zwijndrecht 2007, Nr. 56.
5 Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1954-115, Peter Schatborn, Drawn to Warmth. 17th-century Dutch artists in Italy, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 117, Abb. A.

Details zu diesem Werk

Graphit, graubraun laviert; Einfassungslinien (Feder in Schwarz) 182mm x 234mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21646 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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