Joachim Beuckelaer, Zeichner
Pieter Aertsen, ehemals zugeschrieben, Zeichner

Die Anbetung der Hirten, 1563

In die Sprossen eines dreigeteilten Spitzbogenfensters komponiert, gerastert und mit Orientierungspunkten versehen, diente die Zeichnung als Präsentationsvorlage für ein Glasfenster. Ob dieser sogenannte „vidimus“ umgesetzt wurde, bleibt ungeklärt, denn ein entsprechendes Fenster ist nicht bekannt.
Die alte Zuschreibung an Pieter Aertsen (1508–1575), schon von Wescher und Lugt bezweifelt, wurde noch von Bruyn (1965) für unsere Zeichnung und anzuschließende Blätter akzeptiert. Dabei registrierte Bruyn die stilistischen Unterschiede zu den übrigen Aertsen-Zeichnungen – festere, weniger bewegliche Konturen, sorgfältigere Detailwiedergabe –, erklärte sie aber durch ihre repräsentative Funktion bzw. als Merkmale eines Altersstils.(Anm.1) Heute hingegen hat sich die erstmals von Wescher vorgeschlagene Zuweisung an Aertsens Neffen Beuckelaer durchgesetzt, die von Bruyn immerhin als einzig mögliche Alternative in Betracht gezogen wurde.(Anm.2)
In Stil und Komposition verwandt ist eine 1560 datierende „Geburt Christi“ in New York und der Fensterentwurf „Salome vor Herodes“ in Frankfurt am Main.(Anm.3) Die schlanken Figuren mit den runden Hinterköpfen begegnen auch auf Beuckelaers Ölskizzen zu dem 1567 datierten Gemälde „Golgatha“.(Anm.4) Motive wie das seine Arme hebende Christuskind scheinen inspiriert von Aertsens „Anbetung der Hirten“ im Historischen Museum Amsterdam.(Anm.5)
Beuckelaer variierte die Komposition der Hamburger Zeichnung auf einem 1565 datierten Bild.(Anm.6) Vergleichbar ist die Hintergrundarchitektur auf der Arbeit eines Nachfolgers.(Anm.7)

Annemarie Stefes

1 Josua Bruyn: Some Drawings by Pieter Aertsen, in: Master Drawings 3, 1965, S. 355-368, S. 363.
2 Wescher, zitiert bei Frits Lugt: Beiträge zu dem Katalog der niederländischen Handzeichnungen in Berlin, in: Jahrbuch der Preussischen Kunstsammlungen 52, 1931, S. 36-80. Zugunsten Beuckelaers argumentieren auch Buijs, in: John Oliver Hand, J. R. Judson, William W. Robinson, Martha Wolff: The Age of Brueghel. Netherlandish Drawings in the Sixteenth Century, Ausst.-Kat. Washington D.C., National Gallery of Art, New York, Pierpont Morgan Library, New Haven 1986, S. 50 und Wouter Th. Kloek: Pieter Aertsen en het probleem van het samenstellen van zijn œuvre, in: Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek 40, 1989, S. 1-28, S. 159; vgl. ebd. S. 165, Anm. 2.
3 New York, Metropolitan Museum of Art, Inv. 1975.131.137, Kloek 1989 b, Nr. B.1; Frankfurt am Main, Historisches Museum, Inv.-Nr. C9278, Wouter Th. Kloek: Pieter Aertsen en het probleem van het samenstellen van zijn œuvre, in: Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek 40, 1989, S. 1-28 Nr. B. 5; auf diese Verwandtschaft verweisen auch Bruyn und Buijs.
4 Paris, Musée du Louvre, Départment des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 20701 und Inv.-Nr. 20709, letztere monogrammiert „JB“, Wouter Th. Kloek: Pieter Aertsen en het probleem van het samenstellen van zijn œuvre, in: Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek 40, 1989, S. 1-28 Nr. B 10 a-b; das heute verschollene Gemälde ist abgebildet bei Wouter Th. Kloek: De tekeningen van Pieter Aertsen en Joachim Beuckelaer, in: Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek 40, 1989, S. 129-166, Abb. 29.
5 Amsterdams Historisch Museum, Inv.-Nr. SA 6061, Wouter Th. Kloek: Register van het werk van Pieter Aertsen en zijn atelier, in: Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek 40, 1989, S. 291-296, S. 291, B. Jintes, P. Schotel, Jan Alleblas: Was getekend Dordrecht. Stad en omgeving vereeuwigd door leden van Pictura 1780-1960, Ausst.-Kat. Dordrecht (unterschiedliche Standorte), Zwolle 1988, Nr. 87.
6 „Anbetung der Hirten“, Aukt.-Kat. Wien, Dorotheum, 586. Kunstauktion Dezember 1969, Nr. 9; vgl. Wouter Th. Kloek: Pieter Aertsen en het probleem van het samenstellen van zijn œuvre, in: Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek 40, 1989, S. 1-28, S. 160.
7 Verbleib unbekannt, abgebildet bei Wouter Th. Kloek: De tekeningen van Pieter Aertsen en Joachim Beuckelaer, in: Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek 40, 1989, S. 129-166, S. 20, Abb. 32.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun, graubraun laviert, über Vorzeichnung in schwarzer Kreide oder Graphit, stellenweise überarbeitet mit weißer Kreide; Quadrierung (Rötel) 415mm x 190mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21626 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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