Agostino Ciampelli

Entwurf für eine Altarnische, um 1600

Der bislang unter den anonymen italienischen Zeichnungen eingeordnete Entwurf für eine Kapellenwand weist Ähnlichkeiten zum Sieneser Kunstkreis um 1600 auf. Während eine anonyme Kartonnotiz versuchsweise Ventura Salimbeni vorschlug, scheinen engere Bezüge des Blattes zu gesicherten Arbeiten Francesco Vannis zu bestehen. Dies trifft vor allem auf dessen in den Uffizien verwahrten Entwurf für eine Anbetung zu.(Anm.1)
Noch überzeugender lässt sich das Hamburger Blatt mit Zeichnungen Agostino Ciampellis verbinden. Diese Zuschreibung nahmen unabhängig voneinander Hugo Chapman (Anm.2), Nicholas Turner (Anm.3), Heiko Damm (Anm.4) und Roberto Contini (Anm.5) vor. Typisch für Ciampelli ist die sichere, konturbetonte Figurendarstellung mit sehr geringer Binnenschraffierung. Die Lavierung wird sehr kontrolliert und akzentuierend eingesetzt. Sehr gut vergleichbar ist ein Entwurf für eine Lünette in London, der ebenfalls Gottvater mit musizierenden Engeln zeigt.(Anm.6) Es erscheint jedoch wahrscheinlich, dass es sich um Entwürfe für zwei unterschiedliche Projekte handelt, weil die Figuren auf beiden Blättern unterschiedlich angeordnet sind. Der Hamburger Entwurf ist für eine komplette Kapellenwand gedacht, wobei Ciampelli nur den linken Teil ausgearbeitet hat. Die sichere Darstellung der Architektur findet sich auch auf anderen Blättern des Künstlers, sodass eine Zuschreibung an Ciampelli gerechtfertigt ist.(Anm.7) Eine genaue Zuordnung des Entwurfs ist noch nicht gelungen. Der dargestellte Heilige lässt sich aufgrund des fehlenden eindeutigen Attributs nicht näher bestimmen. Roberto Contini hält ein Projekt für eine römische Kirche, d. h. eine Entstehung nach der Übersiedlung des Künstlers nach Rom 1594, für wahrscheinlich.(Anm.8)

David Klemm

1 Florenz, Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi, Inv.-Nr., 863 E; vgl. Peter A. Riedl: Disegni dei Barocceschi Senesi (Francesco Vanni e Ventura Salimbeni), Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi XLVI, Ausst.-Kat. Florenz, Gabinetto Disegni e delle Stampe degli Uffizi, Florenz 1986, S. 35, Nr. 19, mit Abb. Im oberen Bilddrittel findet sich dort eine der Hamburger Lösung kompositionell ähnelnde Himmelsdarstellung mit Gottvater und musizierenden Engeln. Übereinstimmend scheinen u. a. die Art der Konturierung und die typische Verwendung von „Knopfaugen“. Gut vergleichbar ist auch das harmonische Miteinander von Engeln und Putti. Allerdings gibt es zeichentechnische Unterschiede in der Lavierung und Federführung.
2 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 18. 1. 2008.
3 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 5. 3. 2008.
4 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 25. 3. 2008.
5 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 24. 4. 2008.
6 London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1979-7-21-63.
7 Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 1467.
8 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 24. 4. 2008.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun, braun laviert; aufgezogen 466mm x 374mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21599 Sammlung: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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