Bernardino Scapi, genannt Bernardino Luini (Nachahmer)

Kopf einer jüngeren Frau

Die bislang unbeachtete Zeichnung wurde von Georg Ernst Harzen 1854 auf der Auktion Woodburn als Bernardino Luini erworben. Unverkennbar erinnert der von Leonardo inspirierte Gesichtstypus an zahlreiche von Luini gemalte Frauendarstellungen. Gut vergleichbar ist z. B. der leicht elegische Gesichtsausdruck der Maria auf dem Gemälde „La Madonna della farfalla“ in Budapest.(Anm.1) Eine genaue Entsprechung lässt sich jedoch nicht nachweisen.
Problematisch ist die Verbindung der Zeichnung mit Luinis Zeichenstil. Ganz untypisch für ihn ist offensichtlich die Verwendung von farbigen Kreiden, wie sie das Hamburger Blatt aufweist.(Anm.2) Die für Luini gesicherten bzw. ihm zugeschriebenen Zeichnungen sind überwiegend in schwarzer Kreide und deutlich lockerer ausgeführt.(Anm.3) Eine derart durchgezeichnete Kopfstudie ist sehr ungewöhnlich. Es ist daher stark zu bezweifeln, dass die Zeichnung von Luini selbst stammt. Denkbar ist vielmehr – wie es Hugo Chapman vorschlug –, dass hier ein anonymer Zeichner das Frauenbildnis in starker Anlehnung an Luini schuf (Anm.4); dabei ist nicht auszuschließen, dass die Zeichnung deutlich später als im 16. Jahrhundert entstanden ist.

David Klemm

1 Angela Ottino della Chiesa: Bernardino Luini, Novara 1956, o. S., Abb. 100.
2 Vgl. die Datenbanken der Ambrosiana, Mailand, des Louvre, Paris, und des Print Rooms des British Museum, London, in denen keine vergleichbaren Beispiele nachweisbar sind.
3 Ebd.
4 Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 18. 1. 2008.

Details zu diesem Werk

Farbige Kreiden; aufgezogen 277mm x 206mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21251 Sammlung: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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