Baldassare Franceschini, genannt il Volterrano

Selbstbildnis

Baldassare Franceschini hat sich wiederholt selbst gezeichnet.(Anm.1) Innerhalb dieser Gruppe der Selbstporträts zeigen die beiden Blätter in Paris sowie eine im Auktionshandel angebotene Zeichnung eindeutig ein jüngeres Gesicht, während das Hamburger Blatt den reifen Künstler präsentiert. Es dürfte aber sicher vor dem um 1665 datierten gemalten Selbstbildnis in den Uffizien entstanden sein, das Franceschini wesentlich korpulenter und fülliger im Gesicht zeigt.(Anm.2) Typisch für alle Blätter ist eine die Konturen umfahrende, aber dennoch präzise Verwendung des Rötelstifts. Eine direkte Verwendung für ein Gemälde lässt sich bei der Hamburger Zeichnung nicht nachweisen.
Das Blatt stammt mit großer Wahrscheinlichkeit aus der bedeutenden Sammlung von Selbstporträts, die der Florentinische Adlige, Diplomat, Maler, Sammler und Autor Niccolò Gabburri (1676–1742) zusammengetragen hat. Zahlreiche dieser Blätter sind an ihren aufwendigen Rahmungen und charakteristischen Inschriften erkennbar.(Anm.3) Gabburri beschäftigte hierfür verschiedene Zeichner, vor allem den Architekturmaler Gaspare Redi. Motivisch gut vergleichbar sind die Umrahmungen der Selbstbildnisse von Elisabetta Sirani oder Giovanni Manozzi.(Anm.4)
Gabburris Sammlung sollte wahrscheinlich als Illustrationsmaterial für dessen Werk „Vite dei pittori“ dienen.(Anm.5) 1758 erwarb der englische Händler William Kent die Kollektion und veräußerte sie auf mehreren Auktionen in London. Charles Rogers erwarb bei solchen Gelegenheiten oder direkt bei Kent zahlreiche dieser Blätter, darunter auch das Selbstbildnis Franceschinis.

David Klemm

1 Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 1170 u. Inv.-Nr. 1171; Aukt.-Kat. London, Sotheby’s, Old Master Drawings, 8. 7. 1998, S. 28, Nr. 20, Abb. S. 29.
2 Vgl. Gli Uffizi. Catalogo Generale, Florenz 1979, S. 1037, Nr. A 1011.
3 Vgl. ausführlich Nicholas Turner: The Gabburri/Rogers Series of Drawn Self-Portraits and Portraits of Artists: in: Journal of the History of Collections 5, 1993, Nr. 2, S. 179-216, S. 191 u. 205.
4 Ebd., S. 191, 205.
5 Das unpublizierte Manuskript befindet sich in der Biblioteca Nazionale in Florenz.

Details zu diesem Werk

Rötel auf bräunlichem Papier; die Zeichnung ist auf einen gezeichneten und aquarellierten Rahmen aufgeklebt 182mm x 144mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21208 Sammlung: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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