Felice Giani

Paolo und Francesca überrascht von Gianciotto Malatesta (Dante, Divina Comedia, Inferno V, 115-142), Um 1805

Felice Giani stellt in seinem wohl um 1805 entstandenen Aquarell die in Dantes Göttlicher Komödie überlieferte Geschichte von Paolo und Francesca dar. (Anm. 1) Francesca da Rimini war wahrscheinlich eine real existierende Frau, deren Schicksal Dante in seiner Erzählung der Hölle ausschmückte. Sie war aus politischen Gründen verheiratet worden mit Gianciotto Malatesta, liebe aber dessen Bruder Paolo. Eines Tages, wohl im Jahr 1285, wurden die Liebenden beim gemeinsamen, vertrauten Lesen der Liebesgeschichte des Lancelot und der Ginevra, der Frau König Arthurs, von Gianciotto überrascht. Er tötete zunächst seine Frau Francesca und dann seinen Bruder Paolo.
Die aufsehenerregende tragische Liebesgeschichte von Paolo und Francesca wurde um 1800 häufig als Bildgegenstand gewählt. Erwähnt sei ein kleines, nur wenig später als Gianis Zeichnung entstandenes Gemälde des Tiroler Malers Joseph Anton Koch. (Anm. 2)
Giani schuf mindestens ein weiteres, gleichgroßes Aquarell mit einer andren Dante-Illustration, so dass eine eingehendere Beschäftigung des Künstlers mit der Materie anzunehmen ist. (Anm. 3) Eine Kenntnis der Umrissradierungen zu Dantes Göttlicher Komödie von Tommaso Piroli nach John Flaxmans Zeichnungen ist für Giani anzunehmen, jedoch konzentriert er sich nicht auf die Umrisse der Figuren, sondern arbeitet sehr detailliert die Kleidung der Protagonisten und den Raum des Geschehens im damals modernen und populären Troubadour-Stils aus, den der Künstler ab 1803 in Paris im Umkreis von Königin Josephine kennen lernte.

Andreas Stolzenburg

1 Dante, Göttliche Komödie, Inferno, Gesang 5, 73–142.
2 Gianciotto Malatesta überrascht seinen Bruder Paolo bei Francesca, 1806-1807, Öl mit Goldhöhungen auf Eichenholz, 39,4 x 50,2 cm, Stuttgart, Staatsgalerie, Inv.-Nr. 3703.
3 Paolo und Francesca erzählen Dante und Vergil ihre Geschichte, Ithaca, USA, Herbert F. Johnson Museum, ehem. Ebenfalls in der Sammlung Wolfgang Ratjen; Rudolf Harprath, u.a.: Stiftung Ratjen. Italienische Zeichnungen des 16.-18. Jahrhunderts. Eine Ausstellung zum Andenken an Herbert List, Ausst.-Kat. München Staatliche Graphische Sammlung, München 1977, S. 248-249, Nr. 115 (Beitrag Peter Dreyer). 1977; Anna Ottani Cavina: Felice Giani (1758-1823) e la cultura di fine secolo, Mailand 1999, Bd. II, S. 827-828, Nr. A1.497, Abb. 1177.

Details zu diesem Werk

Feder und Pinsel in Braun, blau, rosa, braun, gelb, grün und violett aquarelliert 279mm x 406mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett. Erworben 2016 aus Mitteln der Campe'schen Historischen Kunststiftung Inv. Nr.: 2016-10 Sammlung: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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