Jacob Gensler, Zeichner
Steinwall bei Blankenese. Links oben Bleistiftskizze weibliche Figur, 1834
Jacob Gensler, der mittlere von drei Brüdern einer Hamburger Malerfamilie, etablierte sich nach seiner künstlerischen Ausbildung in der Hansestadt, in Eutin bei Wilhelm Tischbein, an der Münchner Akademie bei Peter Cornelius und Aufenthalten in Tirol und Wien seit 1831 in seinem Heimatort. (Anm. 1) Dabei bildeten die Gensler-Brüder Günther, Jacob und Martin auch den Nukleus für einen Zirkel, in dem sich Künstler und Kunstfreunde versammelten und aus dem Initiativen wie der Hamburger Künstlerverein hervorgingen. (Anm. 2)
Das Zeichnen nach der Natur verfolgte Jacob Gensler bereits ab Mitte der 1820er Jahre nach seiner Rückkehr aus Eutin. In Skizzen und Studien setzte er sich insbesondere mit unterschiedlichen Landschaftsszenarien, mit Licht, Farbe und atmosphärischen Wirkungen auseinander, wie etwa in den Ende des Jahrzehnts entstandenen Gebirgslandschaften. Auch zurück im Norden setzte Gensler die Freiluftstudien fort und hielt lichterfüllte Küsten- und Strandszenen an Ostsee und Elbe oftmals in aquarellierten Zeichnungen fest.
Die aquarellierte Zeichnung „Steinwall bei Blankenese“ zeigt das Motiv der zur Befestigung des Elbufers aufgetürmten Findlinge als rund zwei Drittel des Blattes einnehmende, farbig angelegte Form. Die auf der linken Blattseite angedeutete Elbe und der Himmel, der sich oberhalb des kargen Grasbewuchses anschließt, werden dagegen nicht durch den Einsatz von Farbe abgehoben. Die Konturen der locker mit Bleistift gezeichneten Steinformation sind in fein abgestimmten Rot-, Gelb- und Ocker-, Braun- und Grautönen ausgefüllt, Binnenkonturen werden durch den Einsatz mehrerer Farbtöne erzeugt. Die rechte Seite des Steinwalls liegt im Schatten, dementsprechend sind die Flächen der Steine dort dunkler getönt. Dass ihre Oberflächen der Witterung ausgesetzt und vom typischen Bewuchs mit Flechten überzogen sind, macht Gensler deutlich, indem er auf das raue Papier mit trockenem Farbauftrag fleckenartige Farbpartien in einem Grauton aufsetzt, die die grobe Textur von wucherndem Flechtenbewuchs auf dem rauen Stein suggerieren. Der unspektakuläre Steinwall wird durch den differenzierten Einsatz der Farbe und die raffinierte Evokation von Steinoberflächen zum reizvollen Motiv, dem – etwa im Vergleich mit einer Ölstudie Genslers mit ähnlichem Sujet (Anm. 3) – das gekonnt eingesetzte, lockere Aquarell große Leichtigkeit verleiht.
Judith Rauser
1 Vgl. Silke Reuther: Johann Jacob Gensler. Ein Maler aus Hamburg (1808-1845), Hamburg 1995; Dörte Zbikowski: Die Künstler und ihre Werke, Jacob Gensler, in: Mit klarem Blick. Hamburger Malerei des Biedermeier, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Hamburg 1996, S. 111-114; Silke Reuther: Gensler. Drei Hamburger Maler, hrsg. v. Uwe M. Schneede, Hamburg 1999, S. 11-15, 18-38, 44-45.
2 Vgl. Silke Reuther: Ein Leben für die Kunst. Die Genslers in Hamburg, in: Ausst.-Kat. Hamburg 1996, S. 20-25; Reuther 1999.
3 Jacob Gensler: Der Steinwall in Sottorf, 1839, Öl auf Papier, 33,8 x 46,5 cm, Hamburger Kunsthalle, Inv. HK-2325; vgl. Ausst.-Kat. Hamburg 1996, S. 78, 113, Nr. 31.