Adolf Hölzel

Figurenkomposition mit Schriftsockel, 1920 - 1925

Adolf Hölzel ist vor allem vor allem als Lehrer und Direktor an der Königlich Württembergischen Kunstakademie in Stuttgart bekannt, wo er zwischen 1905 und 1919 wirkte. Als geschätzte und einflussreiche Lehrerfigur mit großem pädagogischem Talent unterrichtete er Künstler wie Willi Baumeister, Oskar Schlemmer oder Johannes Itten. (Anm. 1) Die beiden Letzteren führten in ihrer Tätigkeit am Bauhaus auch Hölzels moderne Ansätze fort. Seit Beginn seiner eigenen künstlerischen Ausbildung in den 1870er Jahren an den Akademien in Wien und München lassen sich an Hölzels Werk signifikante Positionen der Kunst des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts nachvollziehen: die realistische Malerei, impressionistische Bildauffassungen, die in den Secessions-Vereinigungen verorteten Reformbestrebungen sowie die Auseinandersetzung mit der Abstraktion. Bereits als Mitglied der Dachauer Malerkolonie unterrichtete Hölzel seit 1891 Schüler, darunter auch Emil Nolde, in seiner privaten Kunstschule. Theoretische Fragen zu Farben- und Formenlehre durchziehen Hölzels künstlerische Arbeit und sein pädagogisches Wirken; seine Farbenlehre wurde durch Johannes Itten aufgegriffen.
Pastellzeichnungen wie Figurenkomposition mit Schriftsockel fasste Hölzel meist als „zu Ende geführte, in sich selbst geschlossene, eigenständige Bildkompositionen“ auf. (Anm. 2) Sie entstanden in großer Zahl nach dem Ende seiner Tätigkeit an der Akademie 1919 und stehen wohl mit seinem „1000 Striche“-Prinzip in Zusammenhang, das er auch seinen Schülern als tägliche Einübung in Zeichenabläufe und gedankliches Einfinden ins künstlerische Arbeiten empfahl. Hölzel reizte die leuchtende Farbigkeit der Pastellkreiden, mit denen er die Binnenflächen der vereinfachten, mit dunkler Kontur umrissenen Formen ausfüllte.
Im Bildfeld von Figurenkomposition mit Schriftsockel sind Figur und Grund dicht miteinander verwoben, so dass die Wahrnehmung des Motivs, zweier Figuren vor einer Landschaft mit Häusern, hinter die intensiven Farbkontraste zwischen den mit dichtem Pigment belegten Flächen zurücktritt. Der begleitende Text, den Hölzel in seinen sogenannten Schriftsockelbildern mit einem Bildfeld kombinierte, besagt in der Art eines Kommentars über dieses in den Pastellen immer wieder erprobte Verhältnis von figurativer und abstrakter Darstellung: „Alle Verarbeitung in der Kunst[…?] / […?] besteht in einer einfachen oder zeichenen Complementirung eines / gegebenen Themas in der begrenz-/ten Fläche entsprechend den Forderungen aller Mittel.“

Judith Rauser

1 Marion Ackermann, Gerhard Leistner, Daniel Spanke (Hrsg.): Kaleidoskop. Hoelzel in der Avantgarde, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Stuttgart, Kunstforum Ostdeutsche Galerie in Regensburg, Heidelberg 2009.
2 Zit. nach Willy Rotzler: Adolf Hölzel. Ein Meister des Pastells, in: Galerie Römer, Hölzel. Pastelle und Zeichnungen, Zürich 1988, S. 11.

Details zu diesem Werk

Pastell und Graphit auf festem Papier 145mm x 114mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett. Erworben 2005 als Geschenk von Gerhard Sohst, Hamburg Inv. Nr.: 2005-72 Sammlung: KK Zeichnungen, 20.-21. Jh. © Bildarchiv Hamburger Kunsthalle / bpk, CC-BY-NC-SA 4.0

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