K. R. H. Sonderborg

Minneapolis, 1969/70

K. R. H. Sonderborg, der sich nach seinem dänischen Geburtsort Sonderborg nannte, gehört zu den wichtigsten Vertretern des Informel. Inspiriert von der gestischen Malerei des amerikanischen Abstrakten Expressionismus, zeigt sich besonders in seinen Zeichnungen die Faszination für technische Konstruktionen und deren Spuren der Bewegung. Mit schwarzer Tusche und Feder folgt er den graphischen Strukturen von Hochspannungsleitungen, Kränen im Hafen bis hin zur technischen Ästhetik von Maschinengewehren und setzt diese in dynamische, teils kalligraphisch wirkende Zeichnungen um. Als Vorlage für seine Motive dienen ihm Abbildungen aus Büchern und Zeitungsausschnitte, die er aus ihrem narrativen Zusammenhang löst und in bildhaft-graphische Abstraktionen umsetzt. So auch in Minneapolis, das während seines Aufenthaltes 1969/70 als Gastprofessor am Minneapolis College of Art and Design entstand. Im Spannungsfeld der überlagerten Striche und Linien spiegelt sich die Dynamik der Großstadt: Die Zeichnung wird zur Spur des momentan rhythmisch Erlebten, zum „räumlichen Erlebnis im Bild“.

Petra Roettig
Im April 1923 als Kurt Rudolf Hoffmann im dänischen Sønderborg geboren – seit 1951 nennt sich der Künstler K.R.H. Sonderborg. Nach Kriegsende Studium der Malerei und Graphik in Hamburg bei Willem Grimm. Ab 1953 Mitglied der Gruppe „ZEN 49“. In den folgenden Jahren Arbeitsaufenthalte in London, Cornwall, New York, Ascona, Rom und Paris. Ab 1965-1990 Professur für Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart. Gastprofessuren in Minneapolis und Chicago. Teilnahme an der Biennale in Venedig und der documenta. Zahlreiche Einzelausstellungen und Ehrungen. Seit 1996 lebt der Künstler überwiegend in Hamburg.
Als „Verräter am Informellen“ bezeichnete sich K.R.H. Sonderborg Anfang der achtziger Jahre, um deutlich zu machen, dass sich seine Arbeiten seit den sechziger Jahren verändert haben. Denn obwohl die Kunstrichtung des „Informel“ in Deutschland aufs Engste mit ihm verbunden ist – und Sonderborg auch international als einer der Protagonisten dieser gestischen Malerei gilt – hat sich sein Werk immer stärker einer auf Kontrolle bedachten, gegenständlichen Formensprache angenähert. Geblieben ist die Reduktion auf wenige kontrastreiche Farbtöne, in der Regel Schwarz auf Weiß. Als Motivvorlage dienen Sonderborg häufig Amateur- und Pressephotos, die er aus ihrem narrativen Zusammenhang löst und deren optische Grundstruktur ihm dann als Anregung dient. Viele der Bilder reflektieren unmittelbar Sonderborgs Faszination für technische Konstruktionen, wobei die graphische Struktur von Autoscheibenwischern und Oberleitungen ihn gleichermaßen wie die von Hafenkränen oder Gastanks inspirieren.
Parallel zu Sonderborgs Malerei ist ein umfangreiches zeichnerisches Oeuvre entstanden. Ausgeführt mit Pinseln, Gänsekiel oder Stahlfedern in schwarzer Tusche auf Papier, erzielen diese mitunter sehr großformatigen Zeichnungen eine betont malerische Wirkung, die auch in den drei hier vorgestellten Zeichnungen vorhanden ist. Zudem geben die drei Arbeiten einen, wenn auch konzentrierten Überblick zu Sonderborgs Werkentwicklung.

Felix Krämer

Details zu diesem Werk

Feder und Pinsel in Schwarz 730mm x 1018mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett. Erworben 2005 mit Mitteln der HSH Nordbank Inv. Nr.: 2005-29 Sammlung: KK Zeichnungen, 20.-21. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk © VG Bild-Kunst, Bonn Foto: Christoph Irrgang

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