Andreas Gursky

Ohne Titel XIII, 2002

Ein pittoreskes Allover aus Farbtupfen und Mustern nimmt zwei Drittel von Gurskys Bild Ohne Titel XIII von 2002 ein. Bei näherer Betrachtung konkretisieren sich diese abstrakten formalen Qualitäten zu einem unüberschaubaren Meer aus Müll. Weder zu den Seiten noch zum Horizont hin lässt sich ein Ende dieser Anhäufung von Unrat ausmachen. Obwohl Gursky die Fotografie mit dem Computer bearbeitet hat, mutet das Szenario keineswegs unrealistisch an. Umso einschneidender ist das Erlebnis, das mit einer näheren Betrachtung des Gezeigten einhergeht. Die präzise Wiedergabe von Müll im Vordergrund dient dem Betrachter als Einstieg ins Bild. Über den Hund im Mittelgrund dringt sein Blick in die Bildtiefe vor, um schließlich dürftige Behausungen nahe des Horizonts auszumachen. Es sind einfache Blechhütten, bewohnt von den Ärmsten der Großstadt, die sich zwischen den Resten der Privilegierteren auftun. Der anfängliche Genuss formaler Ausgewogenheit kollidiert spätestens hier mit der Tatsachenschilderung existentiellen Notstands.

Jonas Beyer
MF 1997 S. 88/89
Text: Hanna Hohl

Andreas Gursky lässt sich bei seiner Suche nach Motiven von Bildvorstellungen leiten. Er scheut sich dabei nicht, mit seinen Aufnahmen an »erinnerte Bilder«, also auch an Bildformen der Kunstgeschichte anzuschließen. Solche Bilder, die er im Kopf hat, verifiziert er aber durch nachvollziehbare, klare und detailreiche Wiedergabe dessen, was er vor Ort mit den Augen und mit der Kamera aufnimmt. Mit dieser Methode des denkenden Sehens vermag er mit Hilfe von Landschafts- und Raumausschnitten, mit Licht und Schatten sowie mit gewählt abgestimmter Farbigkeit eine Bildordnung herzustellen, in der auch Vielheit zum Strukturelement wird. Ordnung als anschauliche Verbindung von Kultur und Natur ist Thema seiner Fotografie vom Amsterdamer Flughafen >Schiphol<. Die moderne Architektur als Rahmen, ebenso kalt wie klassisch anmutend, öffnet den Blick auf eine vom Menschen geprägte Weite der Landschaft und holt ihn förmlich zurück.
HH

Details zu diesem Werk

C-Print 280cm x 207cm (Bild) 273cm x 206.5cm (Rahmen) Hamburger Kunsthalle, Dauerleihgabe der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen Inv. Nr.: 2003-675 Sammlung: KK Fotografie © SHK/Hamburger Kunsthalle/bpk und © VG Bild-Kunst, Bonn Foto: Elke Walford

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