Johann Georg von Dillis

Wolkenstudie, 1819/24

1803 veröffentlichte der englische Meterologe Luke Howard (1772-1864) seinen Aufsatz über die verschiedenen Wolkenformationen und führte erstmals die Begriffe der Cumulus-, Cirrus- und Stratuswolken ein. Die Übersetzungen seiner Schriften haben Goethe zwischen 1817 und 1823 zu mehreren wissenschaftlichen und poetischen Abhandlungen bewogen, die Dillis zu seinen Wolken- und Himmelsdarstellungen angeregt haben mögen. So sind etwa 150 Blätter mit Wolkenstudien von seiner Hand bekannt, von denen die meisten um 1819-24 entstanden sind. Offenbar schuf Dillis die Blätter vom Fenster seiner Dienstwohnung in der Galeriestraße aus, wo er seit 1790 als Inspektor der neuen Galerie im Hofgarten tätig war. Wie die Rückseite unserer Zeichnung zeigen viele dieser Blätter noch die Kuppel und Türme der Theatinerkirche, die von den Hofarkaden aus sichtbar sind. Bei den meisten Zeichnungen verzichtet Dillis jedoch auf feste Anhaltspunkte und zeigt allein die flüchtige Bewegung der dahinziehenden Wolken am Himmel. Dabei faszinierten ihn weniger die verschiedenen Licht- und Farbeinflüsse, als vielmehr die unterschiedlichen Formen der ständig wechselnden Wolkengebilde. Mit weicher, meist weißer und grauer Kreide auf blauem Papier schuf Dillis auf diese Weise wunderbar leichte „Himmelslandschaften“, die - trotz ihrer Bewegtheit - wie Stilleben wirken. Dabei gelingt es ihm, wie auf unserem Blatt, meisterhaft, die zarten fließenden Strukturen eines von der Sonne angestrahlten Naturschauspiels wiederzugeben.

Zur gleichen Zeit wie Dillis haben Künstler wie Franz Horny (vgl. Kat.-Nr.*), Karl Philipp Fohr oder der norwegische Landschaftsmaler Johann Christian Dahl die Wolkenbildungen als eigenständiges Thema in ihren Werken studiert. Dabei interessierte sie vorwiegend der malerische Aspekt, während der Engländer John Constable auf der Suche „nach der Wahrheit der Natur“ die Phänomene des Himmels mit wissenschaftlicher Genauigkeit ins Bild umsetzte.

P. R.

Details zu diesem Werk

Schwarze und weiße Kreide, teilweise gewischt, auf blauem Papier 254mm x 405mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 2000-3 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 1800-1850 Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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