Francisco José de Goya y Lucientes, Radierer, Zeichner
"El sueño de la razon produce monstruos." / Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer, 1799
Aus: "Los Caprichos", Blatt 43
Mit seinen 1799 ausgeführten »Los Caprichos« richtete Goya den erschreckend schonungslosen, kritischen Blick auf seine Zeitgenossen. Dabei deckte er die Missstände und Defizite in der spanischen Gesellschaft auf. Diese rührten von einer anhaltenden Auseinandersetzung zwischen einer den Idealen der Aufklärung verbundenen Politik und dem alten Machtgefüge von Inquisition und Monarchie. Goya thematisierte mit seinen hintergründigen Bildschöpfungen vor allem das Verhältnis von Mann und Frau, Konflikte zwischen den Generationen, die Kindererziehung sowie Schicksale von Frauen. Er kritisierte das Fehlverhalten der Menschen, enthüllte ihre Eitelkeit, Bestechlichkeit, Kriminalität und den vorherrschenden Amtsmissbrauch. Als Auftakt der Serie setzte er sein Selbstbildnis und unterstrich damit die künstlerische Invention der folgenden Blätter. Bis heute ist der Inhalt der Blätter in Verbindung mit ihren von Goya hinzugefügten Titeln schwer zu deuten. So gelang es ihm einerseits drastische Kritik zu üben und gleichzeitig den wahren Inhalt zu verschleiern. Es ist die Vieldeutigkeit der graphischen Folgen und ihrer Themen, die zu ihrer Faszination beitragen.
Die Darstellung des schlafenden Mannes, um den unter anderem eine Vielzahl schattenhafter Silhouetten von Fledermäusen und Eulen fliegen, auf Blatt 43 ist eines der meist rezipierten Blätter und mag als programmatisches Bild für das Zeitalter der Aufklärung gelten. Einerseits wird im Bildtitel die Gefahr thematisiert, sich lediglich der Phantasie und nicht der Vernunft zu bedienen und damit Wahnsinn und Unvernunft zu begünstigen. Andererseits aber auch die Bedeutung der Phantasie und damit des Unterbewussten für die Kunst angesprochen.
Ifee Tack
Vgl. Inv.-Nr. kb-1955-429a-43.