Francisco José de Goya y Lucientes, Radierer, Zeichner
"Fran.ᶜᵒ Goya y Lucientes, Pintor." / Francisco Goya y Lucientes, Maler (Selbstbildnis des Künstlers), 1799
Aus: "Los Caprichos", Blatt 1
Mit seinen 1799 ausgeführten »Los Caprichos« richtete Goya den erschreckend schonungslosen, kritischen Blick auf seine Zeitgenossen. Dabei deckte er die Missstände und Defizite in der spanischen Gesellschaft auf. Diese rührten von einer anhaltenden Auseinandersetzung zwischen einer den Idealen der Aufklärung verbundenen Politik und dem alten Machtgefüge von Inquisition und Monarchie. Goya thematisierte mit seinen hintergründigen Bildschöpfungen vor allem das Verhältnis von Mann und Frau, Konflikte zwischen den Generationen, die Kindererziehung sowie Schicksale von Frauen. Er kritisierte das Fehlverhalten der Menschen, enthüllte ihre Eitelkeit, Bestechlichkeit, Kriminalität und den vorherrschenden Amtsmissbrauch. Bis heute ist der Inhalt der Blätter in Verbindung mit ihren von Goya hinzugefügten Titeln schwer zu deuten. So gelang es ihm einerseits drastische Kritik zu üben und gleichzeitig den wahren Inhalt zu verschleiern. Es ist die Vieldeutigkeit der graphischen Folgen und ihrer Themen, die zu ihrer Faszination beitragen.
Dieses Selbstporträt des Künstlers bildet das Titelblatt der Serie "Los Caprichos". Im Profil und mit distanziertem Blick präsentiert Goya sich dem Betrachter mit Zylinder, welcher im zeitgenössischen Kontext mehr war als nur eine moderne Kopfbedeckung. Er konnte als Ausdruck einer liberal, wenn nicht gar einer subversiv-revolutionären Auffassung verstanden werden und somit programmatisch für die sozialkritische Haltung der Blätter stehen. Der Zusatz »Maler« verschleiert sie gleichzeitig als reine künstlerische Bilderfindung.
Ifee Tack
Vgl. Inv.-Nr. 3103 und kb-1955-429a-1.