Hans Schäufelein, zugeschrieben

Stehender Landsknecht, um 1509/10

Das Blatt stammt ebenfalls aus dem Klebeband, der sich ehemals im Besitz der Hamburger Stadtbibliothek befand und seit Beginn der 1960er Jahre als Dauerleihgabe der Universitäts- und Staatsbibliothek zum Bestand des Kupferstichkabinetts der Hamburger Kunsthalle gehört. Stubbe vermutete in dem Blatt eine Kopie nach einer frühen Arbeit Hans Leonhard Schäufeleins auf Grund des „noch sehr unklaren Strichbilds mit seinen höchst unterschiedlichen Linieneinsätzen“ und der „angespannten Haltung“ des Kriegers.
Auf Grund des Wasserzeichens, das laut Piccard 1509 in Höchstädt an der Donau auftaucht, kann das Blatt frühestens um 1509/10 entstanden sein. Die Figur und das Monogramm sowie die Schaufel sind alle in der gleichen schwarzen Tinte gezeichnet, doch sind am ligierten Monogramm „HS“ gewisse Unterschiede gegenüber seinen Monogrammen auf anderen, für Schäufelein gesicherten Zeichnungen festzustellen: So zieht der Zeichner des Hamburger Blattes den unteren Bogen des „S“ in das „H“ hinein und setzt am oberen Bogen noch ein Häkchen an. Auch die Größenverhältnisse beider Buchstaben stimmen mit dem üblichen Schäufeleinmonogramm nicht überein, das „S“ auf dem Hamburger Blatt ist zu groß. Dem Monogramm fehlt zwar die kalligraphische Sicherheit anderer eigenhändiger Bezeichnungen Schäufeleins, doch lässt sich die Darstellung des Landsknechts problemlos seinem Werk zuordnen.
Thematisch passt sie zum Repertoire Schäufeleins der Jahre 1507/08–1515, als er mit Unterbrechungen in Augsburg tätig war, dort sich vom Stil Dürers emanzipierte und das Thema des Landsknechts in Holzschnitten behandelte (Hollstein 63–64). Auch in Zeichnungen hat Schäufelein das Thema wiederholt aufgegriffen (Anm.1), von denen vor allem der frühe Londoner Landsknecht, den Rowlands 1507/08 datiert (Anm.2), vergleichbar ist. Beide Blätter ähneln einander in der Dichte des Strichs und den sich überlagernden Lagen aus kurzen waagerechten Häkchen und Parallel- bzw. Kreuzschraffuren, die auf dem Hamburger Blatt noch durch eine Art „Vorzeichnung“ in dünner Feder ergänzt werden, die danach mit der breiteren Feder überzeichnet wurde. Dies wird vor allem im Bereich des Gesichts und des Kragens, aber auch in der gesamten Hüftpartie sichtbar. Schäufeleins Strich basiert zwar auf einer kontrastreichen Modellierung durch Kreuzschraffuren, doch wagt er auch geschwungene, fast fließende Linien, die das Strichbild einerseits beleben, andererseits seine Suche nach der endgültigen Form zeigen. Das Nacharbeiten und Verfestigen des Konturs findet sich in ähnlicher Weise am Landsknecht in London, dessen rückwärtige Partien am Wams und den Beinen Schäufelein noch einmal nachgegangen ist. Auf Grund dieser stilistischen Übereinstimmungen dürfte auch das Hamburger Blatt während Schäufeleins Augsburger Aufenthalt etwas später um 1509/10 entstanden sein.

Peter Prange

1 London, British Museum, Inv.-Nr. 1856-7–12-998 und 5218-97, vgl. Kat. London 1993, S. 210, Nr. 446, Abb. und S. 213, Nr. 453, Abb. Vgl. auch Old Master and 19th Century Drawings including Andrea del Sarto’s Saint Joseph, Sale 7066, 5.7.2005, Christie’s, London 2005, Nr. 18, Abb.
2 Kat. London 1993, S. 210, Nr. 446, Abb.

Details zu diesem Werk

Feder in Schwarz 291mm x 198mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1975-42 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 15.-18. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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