Stefano della Bella
Kopfstudie eines schlafendes Mannes
Eine genaue Deutung der dargestellten Figur ist bislang nicht gelungen, was auch an der Schwierigkeit liegen mag, sie eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen. So deuten die weichen Gesichtszüge und die langen Haare ebenso auf eine junge Frau wie auf einen jungen Mann hin. Bei der Figur könnte es sich um die Darstellung eines schlafenden Endymion handeln. Eine ähnliche Skulptur befand sich im frühen 17. Jahrhundert in der Sammlung Barberini in Rom.(Anm. 1) Allerdings bestehen größere Unterschiede, so sind z. B. bei der Skulptur die Locken stärker ausgearbeitet. Auch scheint der Arm dort etwas weiter vom Kopf weg geführt zu sein. Dennoch ist es im Sinne der für della Bella typischen Anverwandlung von Vorbildern nicht ausgeschlossen, dass er diese Antike kopiert hat.
Vielleicht paraphrasiert er aber auch eine Figur Giambolognas aus der Gruppe „Die schlafende Nymphe mit einem Satyrn“, die sich ebenfalls nachweisbar in der Sammlung der Medici befand. Allerdings weist die Nymphe bei Giambologna eine andere Haltung des linken Arms auf, so dass die motivische Ähnlichkeit vor allem im Schlafen mit leicht geöffnetem Mund liegt. Denkbar ist auch eine Auseinandersetzung mit der Figur einer „Schlafenden Ariadne“, die sich ebenfalls im Besitz der Medici befand.(Anm. 2)
David Klemm
1 St. Petersburg, Staatliches Museum Eremitage, Inv.-Nr. A 23. Zur Figur vgl. Johann Joachim Winckelmann: Ville e Palazzi di Roma. Antiken in den römischen Sammlungen, Text und Kommentar, bearb. v, Sascha Kansteiner, Brigitte Kuhn-Forte u. Max Kunze, Johann Joachim Winckelmann. Schriften und Nachlass, Bd. 5,1: Ville e Palazzi di Roma, hrsg. v. Adolf H. Borbein u. Max Kunze, Mainz 2003, S. 174.
2 Vatikanische Museen, Galleria delle Statue, Inv.-Nr. 548.