Stefano della Bella

"Die Braut" und "Der Bräutigam" (nach Hans Holbein dem Jüngeren)

Zum Recto: Die beiden Gruppen sind inspiriert von den Szenen „Die Braut“ und „Der Bräutigam“ in der 1562 veröffentlichten Ausgabe von Hans Holbeins Holzschnitt-Serie „Bilder des Todes“, dem sog. Großen Totentanz.(Anm. 1) Della Bella hat die Vorlagen stark verändert, etwa durch Weglassen eines auf dem Holzschnitt „Die Braut“ erkennbaren Musikanten sowie durch Vereinfachung des Hintergrundes. Auch die Figuren sind nicht detailgetreu wiedergegeben, vom „Bräutigam“ ist sogar nur der Oberkörper skizziert worden.
Ergiebig ist ein Vergleich mit sieben Zeichnungen della Bellas in der Wiener Albertina, auf denen ebenfalls Motive aus Holbeins Totentanz erkennbar sind.(Anm. 2) Es fällt auf, dass die etwas größeren Wiener Blätter – von kleineren Abweichungen abgesehen – exakter an die Holzschnittvorlagen angelehnt und auch detaillierter durchgezeichnet sind. In der Vereinfachung der Bildaussage durch das Weglassen der Hintergründe stimmen die Zeichnungen hingegen überein.
Ob della Bella evtl. Zugriff auf Holbeinsche Originalentwürfe gehabt hat, muss offen bleiben, da derartige Zeichnungen nicht nachweisbar sind.(Anm. 3)
Die technischen Unterschiede bei der Ausführung lassen den Schluss zu, dass della Bella sich mehrfach und zu unterschiedlichen Zeiten mit Holbein auseinandergesetzt hat. Dies ist nicht unwahrscheinlich, denn auch nach Callots berühmter Serie „Die Zigeuner“ fertigte della Bella technisch sehr unterschiedliche Nachzeichnungen an (vgl. Inv.-Nrn. 1967-346, 1967-246).
Das Blatt belegt das starke Interesse des Künstlers für graphische Werke des 16. Jahrhunderts, was auch durch mehrere Studienblätter nach Lucas van Leyden, Melchior Lorch oder Jean-Jacques Boissard dokumentiert wird.(Anm. 4)

1 Vgl. Veronika Birke, Janine Kertész: Die italienischen Zeichnungen der Albertina. Generalverzeichnis, Bd. III (Inv. 2401-14325), Veröffentlichungen der Albertina Bd. 35, Wien, Köln, Weimar 1995, S. 1706–1707; zur Geschichte der Holzschnitt-Folge vgl. Alfred Woltmann: Holbein und seine Zeit, Leipzig 1874, S. 258ff.; Alfred Woltmann: Holbein und seine Zeit, Zweiter Band, Leipzig 1876, S. 174–179; Hans Holbein d. J. Die Jahre in Basel 1515-1532. Mit Beiträgen von Christian Müller, Stephan Kemperdick u. a, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Basel, München, Berlin, London, New York 2006, S. 471–477.
2 Wien, Albertina, Grafische Sammlung, Inv.-Nrn. 11243–11249; vgl. Birke/Kertész 1995, S. 1706–1711. Interessanterweise hat della Bella die Holbein-Szenen zum Teil seitenverkehrt dargestellt.
3 Vgl. Woltmann 1876, S. 176.
4 Vgl. Wien, Albertina, Grafische Sammlung, Inv.-Nrn. 11243–11249; vgl. Birke/Kertész 1995, S. 1706–1711; Wien, Albertina, Grafische Sammlung, Inv.-Nrn. 11250, 11251 und 11266 nach Leydens „Kalvarienberg“, The Illustrated Bartsch 12 (7), 74-I (380); vgl. Birke/Kertész 1995, S. 1711–1712, 1721. Zu della Bellas Auseinandersetzung mit Lorch vgl. Ilg 2003, S. 30–43.


Zum Verso:
Die besondere Haar- und Bartmode sowie die Ohrringe legen nahe, dass es sich bei der Profilstudie eines Mannes um einen Asiaten, vielleicht einen Inder, handelt. Möglicherweise begegnete della Bella diesem Mann in den Häfen von Livorno oder Amsterdam. Denkbar ist aber auch, dass er die Figur aus einer bislang nicht nachweisbaren Vorlage kopierte.
Die feinen Studien eines Seemanns auf einer Rahe sowie eines nach vorn geneigten Mannes stehen im Zusammenhang mit den Hafenstudien des Künstlers.


Inspiriert von den Szenen "Die Braut" und "Der Bräutigam" in der 1562 veröffentlichten Ausgabe von Hans Holbeins Holzschnitt-Serie "Bilder des Todes".(FN1) Della Bella hat die Vorlagen stark vereinfacht, z. B. durch Weglassung eines auf dem Holzschnitt "Die Braut" erkennbaren Musikanten sowie durch Vereinfachung des Hintergrundes. Insgesamt sind die Figuren nicht detailgetreu wiedergegeben, vom "Bräutigam" ist sogar nur der Oberkörper skizziert worden.
Instruktiv ist ein Vergleich mit sieben Zeichnungen della Bellas in der Wiener Albertina, auf denen Motive aus Holbeins Totentanz Verwendung gefunden haben.(FN2) Auffallend ist, daß die allesamt etwas größeren Wiener Blätter - von kleineren Abweichungen abgesehen - exakter an die Holzschnittvorlagen angelehnt und auch detaillierter durchgezeichnet sind. Übereinstimmend sind dagegen die Vereinfachung der Bildaussage durch Weglassen der Hintergründe.
Ob della Bella evtl. Zugriff auf Holbeinsche Originalentwürfe gehabt hat, muß offen bleiben, da derartige Zeichnungen nicht nachweisbar sind.(FN3)
Das Blätt belegt das Interesse della Bellas für graphische Werke des 16. Jahrhunderts, wie es sich auch z. B. in mehreren Studienblättern nach Graphiken von Lucas van Leyden oder Melchior Lorch dokumentiert.(FN4)

(FN1) Vgl. Birke/Kertesz III, S. 1706-1707; zur Geschichte der Holzschnitt-Folge vgl. Alfred Woltmann, Holbein und seine Zeit, Leipzig 1874, S. 258ff.; Alfred Woltmann, Holbein und seine Zeit. Zweiter Band. Leipzig 1876, S. 174-179.
(FN2) Birke/Kertesz III, Inv. 11243-11249. Interessanterweise hat della Bella z. T. die Holbein-Szenen seitenverkehrt dargestellt.
(FN3) Vgl. Woltmann 1876, S. 176.
(FN4) Vgl. Birke/Kertesz III, Inv. 11250, 11251 und 11266 nach Leydens "Kalvarienberg" (B. VII., Nr. 380-381, Nr. 74); Inv. 11252 u. a. nach Leydens "Die kleine Hagar". Zu della Bellas Auseinandersetzung mit Lorch vgl. Ulrike Ilg: Stefano della Bella and Melchior Lorck: The practical Use of an Artist's Model Book. In: Master Drawings, Bd. 61, Nr. 1, 2003, S. 30-43.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun 81mm x 109mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1967-110 Sammlung: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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