Frans Francken (II.), Kopie, Zeichner
Ambrosius Francken (I.), ehemals zugeschrieben, Zeichner

Christus und die Ehebrecherin, nach 1612

Auf den engen Zusammenhang mit einem Gemälde des Frans Francken (II) verwies erstmals Egbert Haverkamp Begemann.(Anm.1) Das Bild befindet sich in Basel und datiert 1612.(Anm.2) Die Zeichnung, durch saubere Linienführung und flächige Lavierung als Kopie charakterisiert, folgt im wesentlichen der gemalten Komposition, bei allerdings abweichendem Hintergrund: Der links dargestellte Rundtempel und das rechts wiedergegebene Gebäude mit Giebeldach fehlen auf dem Gemälde, ebenso wie die mächtigen Säulen mit der Zuschauerfigur. Man kann also davon ausgehen, dass der Zeichner nicht direkt nach dem Bild arbeitete, sondern eine andere, vermutlich gezeichnete Vorlage vor Augen hatte; vielleicht den Gemäldeentwurf, wenn man nicht der alten Beischrift folgend, eine (verlorene) Zeichnung des Rubens nach dem Francken-Gemälde voraussetzen möchte.(Anm.3)
Ambrosius Francken (I) (1544/45–1618), dem die Zeichnung zuvor zugeschrieben war, ist als Zeichner kaum fassbar. Ein annähernd maßgleiches Blatt wurde ihm von J. de Maere (Brüssel) zugewiesen.(Anm.4) Zum weiteren Vergleich kann eine Gruppe ihm zugeschriebener Stichentwürfe hinzugezogen werden.(Anm.5) Sie sind in der Strichführung kräftiger artikuliert und weniger flächig laviert als das Hamburger Blatt, dessen Schöpfer wohl im weiteren Umkreis der großen Werkstatt der Francken’ zu suchen ist. Darauf deutet auch die charakteristische blaue Tuschlavierung.(Anm.6)

Annemarie Stefes

1 Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22. 2. 2008 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.
2 Kunstmuseum Basel, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. GKS 1152, Ursula Härting: Frans Francken d. J. Die Gemälde mit kritischem Œuvrekatalog, Freren 1989, Nr. 135.
3 Dies wäre zum einen denkbar angesichts der bei Rubens beliebten gewundenen Säulen (vgl. Inv.-Nr. 22778 mit weiteren Vergleichsbeispielen), zum anderen auch mit Blick auf das zu seiner Zeit sicherlich berühmte Gemälde selbst, das hinter der Ehebrecherin ein mit goldener Farbe hervorgehobenes Selbstporträt des Künstlers enthält.
4 „Christus segnet die Kinder“, Aukt.-Kat. Köln, Lempertz, 20. 5. 2000, Nr. 857 (Feder in Braun, laviert, über schwarzer Kreide, 302 x 440 mm).
5 Hans Mielke: Antwerpener Graphik in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Der Thesaurus veteris et novi Testamenti des Gerard de Jode (1585) und seine Künstler, Zeitschrift für Kunstgeschichte 38, 1975, S. 29-83, S. 43–52, vgl. besonders Abb. 19–22.
6 Vgl. Zeichnung des Frans Francken (II) in Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. Z 260.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun, blau laviert, auf gelblichem Papier; Reste von Einfassungslinien (Feder in Braun) 287mm x 422mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1963-460 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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