Sebastiaan Vrancx, Kopie, Zeichner
David Vinckboons (1), ehemals zugeschrieben, Zeichner

Heilquelle in einem Wald

Die Zeichnung war ehemals David Vinckboons zugeschrieben, vermutlich aufgrund der ikonographischen Nähe zu Kompositionen wie dessen „Fest in einem Park“.(Anm.1) Stubbe sah einen stilistischen Zusammenhang mit der ehemals Vinckboons zugeschriebenen „Weinlese“ in Berlin.(Anm.2)
Der gleichbleibend drahtige Strich, die schematisch markierten Gesichter und die gleichmäßig strukturierten Bäume im Hintergrund weisen jedoch auf Kopistenhand. Tatsächlich stimmt die hier dargestellte Szene größtenteils überein mit einem Gemälde des Sebastiaan Vrancx in Madrid, das von Joost Vander Auwera zwischen 1625 und 1630 datiert wurde.(Anm.3) Auch in der zeichnerischen Ausführung spiegelt sich Vrancx’ Zeichenmanier, bei gleichzeitigen Abweichungen in der figürlichen Staffage. Offensichtlich hatte der Kopist eine gezeichnete Vorlage vor Augen, vielleicht einen heute verlorenen Gemäldeentwurf des Sebastiaan Vrancx.
Für das seltene Motiv einer von allen Altersstufen und Schichten besuchten Heilquelle gibt es kaum ikonographische Vorbilder, doch konnte sich der Künstler formal an Themen wie der „Predigt Johannes des Täufers in der Wildnis“ orientieren, die häufig als Menschenversammlung im Wald dargestellt wurde.(Anm.4)

Annemarie Stefes

1 Privatsammlung, USA, John Oliver Hand, J. R. Judson, William W. Robinson, Martha Wolff: The Age of Brueghel. Netherlandish Drawings in the Sixteenth Century, Ausst.-Kat. Washington D.C., National Gallery of Art, New York, Pierpont Morgan Library, New Haven 1986, Nr. 119; vgl. auch das verlorene, durch einen Stich Nicolaes de Bruyns dokumentierte Gegenstück (H. 173).
2 Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 3362.
3 „Die Heilquellen von Spa“, Madrid, Museo del Prado, Inv.-Nr. 1896, die Zuschreibung des bei Matías Diaz Padron, El Siglo de Rubens en el Museo del Prado, Catalogo Razonado de Pintura Flamenco del Siglo XVII, Madrid 1975, Bd. 2, S. 1582, Abb. 1583 und Wolfgang Adler: Jan Wildens. Der Landschaftsmitarbeiter des Rubens, Fridingen 1980, Nr. G 78 zu Unrecht als „Jan Wildens“ geführten Gemäldes geht zurück auf Joost Vander Auwera, dem ich auch den Hinweis auf den Zusammenhang mit unserer Zeichnung verdanke (schriftliche Mitteilung, 8. 11. 2004). Für die topographische Bestimmung vgl. die 1734 datierenden Stiche in den „Les Amusements des Eaux de Spa“ des Karl Ludwig Freiherrn von Pöllnitz, Histoire d'eaux. Stations thermales et balnéaires en Belgique XVIe-XXe siècle, Ausst.-Kat. Brüssel, Galerie CGER, Oostende, Kursaal, Spa 1987/88, Abb. S. 78–79.
4 Vgl. das durch einen Stich Nicolaes de Bruyns dokumentierte Gemälde Lucas van Leydens (H. 116) für landschaftliche Rahmung, Ausblick und Verteilung der Figuren.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun, grün, grau und blau aquarelliert, Spuren von Graphit auf hellgrauem Papier 266mm x 380mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1963-382 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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