Gillis van Coninxloo II, Umkreis, Zeichner
Roelant Savery, ehemals zugeschrieben, Zeichner

Landschaft mit Burg an einem Teich, um 1600

Die Zeichnung stimmt im wesentlichen überein mit einer annähernd gleichformatigen Fassung in Wien, deren alte Zuschreibung an Jan Bruegel (I) inzwischen aufgegeben wurde zugunsten des Coninxloo-Kreises.(Anm.1) Unser Blatt wurde – allerdings ohne Verweis auf die Wiener Zeichnung – erstmals 1999 von Thomas Ketelsen mit Gillis van Coninxloo assoziiert; vormals galt es zu Unrecht als Werk des Jacob Savery (1665/67–1603).(Anm.2)
Von der Wiener Zeichnung unterscheidet sich unser Blatt in den fehlenden Staffagefiguren und der flüchtigeren Ausführung. Vegetation und Architektur sind stellenweise nachlässig gezeichnet und nur unzureichend durchmodelliert. Angesichts dieser Abweichungen ist eher von einer gemeinsamen Vorlage auszugehen, als dass ein direkter Zusammenhang vorausgesetzt werden sollte. Die eigentliche Vorlage ist bislang nicht bekannt; verwandte Gemälde befinden sich in Schwerin und Wien.(Anm.3).
Gillis van Coninxloo ist als Zeichner kaum greifbar. Eine seiner seltenen monogrammierten und datierten Arbeiten ist ungleich freier und skizzenhafter gearbeitet.(Anm.4) Die Beliebtheit seiner Kompositionen führte jedoch zu einer großen Zahl von Nachahmungen, für die es um 1600 einen eigenen Markt gegeben haben muss.(Anm.5) Auf eine Entstehung in dieser Zeit verweist unter anderem auch das Wasserzeichen des Hamburger Blattes.

Annemarie Stefes

1 Wien, Grafische Sammlung Albertina, Inv.-Nr. 8417 (237 x 388 mm), abgebildet bei Heinrich Gerhard Franz: Meister der spätmanieristischen Landschaftsmalerei in den Niederlanden, in: Jahrbuch des Kunsthistorischen Instituts der Universität Graz 3/4, 1968/69, S. 19-71, S. 36, Abb. 1, vgl. ebd. S. 33 und 35 zu dem Coninxloo-Bezug, heute ausschlaggebend für die Zuweisung, vgl. Marian Bisanz-Prakken auf dem Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22.2.2008 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.
2 Ketelsen, in: Im Blickfeld. Böhmen liegt am Meer. Die Erfindung der Landschaft um 1600, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1999; in Saverys Werkkatalog von Spicer-Durham (1979) ist die Zeichnung zu Recht nicht erwähnt. Der von Dorine van Sasse van Ysselt (RKD, 1998) vorgeschlagene Zusammenhang mit David Vinckboons kommt aus stilistischen Gründen nicht in Betracht: Vergleichbare frühe Vinckboons-Zeichnungen sind flüssiger gearbeitet, vgl. Wolfgang Wegner, Herbert Pée: Die Zeichnungen des David Vinckboons, in: Münchner Jahrbuch der Bildenden Kunst 31, 1980, S. 35-128, Nr. 1–5. Dies wird besonders augenfällig in der Wiedergabe der Gebäude im Hintergrund. Auch die Wiedergabe von Baumschlag und Vegetation wirkt auf unserem Blatt um einige Nuancen altmodischer.
3 Schwerin, Staatliches Museum, Inv.-Nr. G 10, Ausst.-Kat. Schwerin 2003, Nr. 19; Wien, Museum im Schottenstift, Inv.-Nr. 199, Ausst.-Kat. Essen 2003, Nr. 44.
4 „Waldige Landschaft“, Brüssel, Musées Royaux des Beaux-Arts, Sammlung De Grez, Inv.-Nr. 4060/924, Ger Luijten, Ariane van Suchtelen u.a.: Dawn of the Golden Age, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksmuseum, Zwolle 1993/94, Nr. 310.
5 Marian Bisanz-Prakken, siehe Anm. 1. – Auf einen entsprechend großen Gruppenzusammenhang verweist wohl auch die Nummer „43“ in der rechten oberen Ecke unseres Blattes, wie von Stijn Alsteens mit Blick auf eine grundsätzlich verwandte Zeichnung in Berlin vorgeschlagen wurde, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 12657 (bez. „Nr. 38 geconterfayt naer meester gillis van conixloo van adriaen dirk aelburge…“), Hinweis auf dem Hamburger Symposium, siehe Anm. 1. Allein in Wien befinden sich drei in Format und Technik verwandte Zeichnungen: Grafische Sammlung Albertina, Inv.-Nrn. 8055–8057, ebenfalls ehemals Savery zugeschrieben, vgl. Die Landschaft im Jahrhundert Rembrandts. Niederländische Zeichnungen des 17. Jahrhunderts aus der Graphischen Sammlung Albertina, Ausst.-Kat. Wien, Graphische Sammlung Albertina, Wien 1993, Nr. 5 und Ausst.-Kat. Sydney 2002, Nr. 25. Weitere der Gruppe zugehörige Blätter befinden sich in London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1935,0413.4; Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. C 1966–128 [rechte Hälfte], Christian Dittrich: Van Eyck, Bruegel, Rembrandt. Niederländische Zeichnungen des 15. bis 17. Jahrhunderts aus dem Kupferstich-Kabinett Dresden, Ausst.-Kat. Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Eurasburg 1997, Nr. 27 und Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 21031 und Inv.-Nr. 19764. Vgl. auch zwei Zeichnungen nach unbekannter Vorlage Coninxloos in Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 106 und Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 21362, Wolfgang Wegner: Zeichnungen von Gillis van Coninxloo und seiner Nachfolge, in: Oud Holland 82, 1967, S. 203-224, Abb. 24 und 25.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun, braun und blau laviert; Einfassungslinien (Feder in Schwarz) 238mm x 360mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1963-341 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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