Paulus van Liender, Zeichner

Hütte mit Ziehbrunnen unter Eichen, um 1785 - 1797

Paulus van Liender lebte von 1774 bis zu seinem Tode in Haarlem, wo er sich als Holzhändler etabliert hatte. Anfangs zeichnete er topographische Ansichten in der Nachfolge Jan de Beijers, sein entscheidender Beitrag zu der holländischen Kunst des 18. Jahrhunderts lag jedoch in den reinen Landschaftszeichnungen des Spätwerks.(Anm.1) Monumentale Baumriesen dominieren diese großformatigen Kompositionen und lassen Figuren und Gebäude unbedeutend erscheinen. Charakteristisch ist die kontrastreich-fleckige Manier zur Wiedergabe des durchlichteten Baumschlags.
Die beiden Hamburger Zeichnungen Van Lienders sind eindrucksvolle Beispiele aus dem letzten Lebensjahrzehnt des Künstlers; annähernd maßgleich und kompositorisch aufeinander bezogen, waren sie vermutlich als Pendants angelegt. Anhaltspunkte für die zeitliche Einordnung geben eine stilistisch verwandte Brüsseler Zeichnung aus dem Jahre 1785 (Anm.2) und eine in ihren dramatischen Manierismen vergleichbare Zeichnung in Privatbesitz, die um 1790 angesetzt wird.(Anm.3) Deutlich sind in der Gestaltung von Stämmen und Baumschlag die Rückgrife auf ältere Vorbilder zurück, insbesondere auf Zeichnungen der Italianisanten Jan Hackaert und Adam Pijnacker.(Anm.4) Vielleicht ging mit dieser Orientierung auch die bei Inv.-Nr. 1963-284 zu beobachtende Verwendung älteren Papiers einher, als bewusst gewähltes Trägermaterial einer vergangenen Epoche.

Annemarie Stefes

1 Vgl. Dutch Masterpieces from the Eighteenth Century: Paintings & Drawings 1700-1800, bearb. v. R. Mandle u.a., Ausst.-Kat. Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971, S. 60; Hollandse aquarellen uit de 18de eeuw, bearb. v. J. W. Niemeijer, Robert-Jan te Rijdt Ausst.-Kat. Paris, Institut Néerlandais, Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 1990, S. 98; On Country Roads and Fields. The Depiction of the 18th- and 19th-Century Landscape, hrsg. von Wiepke Loos u. a., Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksmuseum, Blaricum 1997, S. 148.
2 Brüssel, Musées Royaux des Beaux-Arts, Sammlung De Grez, Inv.-Nr. 4060/2287, mit 257 x 340 mm in etwas kleinerem Format. Eine annähernd gleich große, stilistisch übereinstimmende Zeichnung ohne Jahresangabe befindet sich in Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Inv.-Nr. MvS 200, 360 x 485 mm; vgl. auch eine Zeichnung in Amsterdams Historisch Museum, Inv.-Nr. TA 18199, Ingrid Oud, Leonoor van Oosterzee: Nederlandse Tekenaars geboren tussen 1660 en 1745, Oude tekeningen in het bezit van de Gemeentemusea van Amsterdam, waaronder de collectie Fodor, Zwolle 1999, Nr. 99.
3 Robert-Jan te Rijdt, in: On Country Roads and Fields. The Depiction of the 18th- and 19th-Century Landscape, hrsg. von Wiepke Loos u. a., Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksmuseum, Blaricum 1997, S. 148. Aus einer zeitgenössischen biographischen Quelle weiß man, dass Van Liender regelmäßige Ausflüge in die Wälder nordöstlich von seiner Heimatstadt Utrecht unternahm, um entsprechende Motive nach dem Leben zu studieren, vgl. ebd., S. 148.
4 Ebd. mit Verweis auf Michiel C. Plomp: Jan Pietersz. Zomer's inscriptions on drawings, in: Delineavit et Sculpsit 17, 1997, S. 13-27, Nr. 315; vgl. eine Pijnacker-Zeichnung in Leiden, Prentenkabinet der Universiteit, Inv.-Nr. PK-AW 1239, Peter Schatborn, Drawn to Warmth. 17th-century Dutch artists in Italy, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 178, Abb. A.

Details zu diesem Werk

Schwarze Kreide, Pinsel in Grau und Schwarz; Einfassungslinien (Feder in Schwarz) 359mm x 478mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1963-283 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

Wir sind bestrebt, die Art und Weise zu hinterfragen, wie wir über Kunst und unsere Sammlung sprechen und diese präsentieren. Daher freuen wir uns über Ihre Anregungen und Hinweise.

Feedback
Weitere Werke von
Paulus van Liender