Hendrik Kobell, Zeichner
Segelschiffe in stürmischer See vor felsigem Ufer, um 1775
Diese Zeichnung diente als Ausgangspunkt für eines der seltenen Gemälde des Künsters: Auf dem 1775 datierten „Schiffbruch vor Nordafrikanischer Küste“ in Amsterdam wurden die beiden Segelschiffe variierend übernommen, ebenso wie die Formation der schäumenden Wellen.(Anm.1) Die Küstensilhouette im Hintergrund ist im Gegensinn an die rechte Bildhälfte versetzt. Damit einhergehend wurden die Gegensätze zwischen Licht und Schatten klarer und eindrucksvoller formuliert – der von der Küste abgesetzten Lichtzone links steht die bedrohlich verschattete Partie rechts gegenüber. Blickfang im linken Vordergrund bleibt auch auf der gemalten Version der ausgewaschene Fels, dort ergänzt um ein gegen die Wellen kämpfendes Boot mit Schiffbrüchigen.
Der durch diesen Bezug abzuleitende Datierungsansatz um 1775 wird bestätigt durch eine datierte Zeichnung in gleichem Format, bei der es sich wohl um den Erstentwurf handelt. Dieses in Berlin verwahrte Blatt zeigt eine annähernd übereinstimmende Komposition bei abweichender Windrichtung.(Anm.2) Offensichtlich testete Kobell die verschiedenen Möglichkeiten und hielt diese Veränderungen entsprechend fest: „De Wind op de Wal Regts“ heißt es unter der Berliner Darstellung. In gleicher Weise und wohl auch an gleicher Stelle war das Hamburger Blatt bezeichnet: „De Wind vande Wal links“. Diese Beischrift wurde nach Beschneidung der Blattränder rückseitig montiert.
Für das Gemälde orientierte sich Kobell letztlich stärker an der Hamburger Komposition, lediglich das Schiff im Bildmittelgrund steuert – mit flatternden Segeln – gegen den Wind nach rechts.
Annemarie Stefes
1 Amsterdam, Rijksmuseum, Inv.-Nr. SK-A–1218, Wiepke Loos, Wouter Th. Kloek, Guido M. C. Jansen: The age of elegance: paintings from the Rijksmuseum in Amsterdam 1700-1800, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksmuseum, Amsterdam 1995, Nr. 82.
2 Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 13058 (Feder in Braun, grau laviert, 89 x 120 mm), Elfried Bock, Jakob Rosenberg: Die niederländischen Meister. Beschreibendes Verzeichnis sämtlicher Zeichnungen, Staatliche Museen zu Berlin. Die Zeichnungen alter Meister im Kupferstichkabinett, 2 Bde., Berlin 1930, S. 170. Auf den Zusammenhang mit dem Amsterdamer Gemälde verweist auch die vermutlich eigenhändige Verso-Beischrift in Bleistift: „Dit waare de Eerste gedagte von S Prinse stuk“; das Gemälde wurde 1775 von Willem V. für seine Galerie in Den Haag erworben.