Gerrit Hulseboom, Zeichner
Hafen bei Amsterdam, vor 1818
Der Amsterdamer Gerrit Hulseboom war neben seiner Tätigkeit als Landschaftsmaler vor allem als Zeichner von Stadtansichten aktiv, bevor er sich um oder vor 1818 für eine feste Anstellung als Zeichenlehrer in Vaassen entschied und in der Folgezeit fast ausschließlich Landschaften zeichnete.(Anm.1)
Seine in Amsterdam und Umgebung entstandenen Zeichnungen können aus diesem Grund nahezu komplett als Frühwerke bestimmt werden.(Anm.2) Sie sind, ebenso wie die Werke von Jan Hulswit, Gerrit Lamberts, P. G. Westenberg und anderer Zeitgenossen, stark an der Kunst des 17. Jahrhunderts orientiert. Dies wird auch aus der Staffage ersichtlich, deren Kleidung eher der des Goldenen Zeitalters entspricht als der zeitgenössischen Mode.
Aus einem recht ungewöhnlichen Standpunkt fällt der Blick in südöstlicher Richtung auf die Stadt Amsterdam: Hulseboom befand sich bei dieser vermutlich nach dem Leben gezeichneten Ansicht auf dem „Zandhoek“ am heutigen Wester Dok.(Anm.3) Links ist eines der auf Pfählen stehenden „Butthäuser“ („Bothuisjes“) zu sehen, wo Butt, Aal, Scholle und andere preiswerte Fische zum Verkauf angeboten wurden.(Anm.4) Schiffe fanden einen geschützten Liegeplatz hinter dem von Palisaden umgrenzten „Stadswaal“.(Anm.5)
Im Hintergrund erkennt man ganz rechts die Kuppel der Lutherischen „Nieuwe Kerk“ am Singel 11, links daneben den „Haringpakkerstoren“ und den Turm der „Oude Kerk“. Die Spitze des Heringspackerturmes war 1813 abgebrochen und durch eine kuppelartige Konstruktion notdürftig ersetzt worden, bevor der ganze Turm 1829 abgerissen wurde. Hulseboom muss das Hamburger Blatt also spätestens 1813 oder in den Jahren davor gezeichnet haben.(Anm.6)
Die weiter links dargestellten Häuser befanden sich an „Haringpakkerij“, „Texelskade“ und „Oude Teertuinen“, also am Platz der heutigen „Prins Hendrikkade“.(Anm.7) Das links von der Bildmitte zu erkennende Mühlenrad gehörte zu einer der fünf sogenannten „Moddermühlen“. Dies waren im Wasser schwimmende, von Pferden betriebende Mühlen, mit deren Hilfe man die Verschlickung der stillen Gewässer zu bekämpfen versuchte.(Anm.8)
Annemarie Stefes
1 In einer Lehranstalt für vornehme Knaben, gegründet 1809 von Bernard E. C. van Niel, vgl. Roeland van Eijnden, Adriaan van der Willigen: Geschiedenis der vaderlandsche Schilderkunst, sedert de helft der XVIII eeuw, 4 Bde., Haarlem 1816-40, Bd. 3, S. 254.
2 Robert-Jan te Rijdt, Mitteilung per Brief, 12. 3. 2010.
3 Für diese Mitteilungen vom 11. 3. 2010 und 12. 3. 2010 danke ich Bert Gerlagh und Robert-Jan te Rijdt.
4 Vgl. De verzameling Van Eeghen. Amsterdamse tekeningen 1600-1950, Zwolle 1988, S. 185; vgl. Zeichnung des P. G. Westenberg in Amsterdam, Sammlung W. H. A. Dreesman, Photo RKD.
5 Vgl. De verzameling Van Eeghen. Amsterdamse tekeningen 1600-1950, Zwolle 1988, S. 399.
6 Bert Gerlagh, Mitteilung per E-Mail vom 11. 3. 2010.
7 Siehe Anm. 6.
8 Vgl. De verzameling Van Eeghen. Amsterdamse tekeningen 1600-1950, Zwolle 1988, S. 159