Nicolaes Berchem, Schule, Zeichner

Flusslandschaft mit Fähre und reisenden Hirten

Dieses Blatt gehört zu einer größeren Gruppe von Schülerkopien nach Zeichnungen Nicolaes Berchems.(Anm.1) Die direkt korrespondierende Vorlage ist bislang nicht bekannt, jedoch können andere Berchem-Zeichnungen eine Vorstellung geben von den in Motiv, Technik und Stil grundsätzlich verwandten Originalen.(Anm.2) Mit Blick auf die bei Berchem von rechts oben nach links unten angelegte Rechtshänderschraffur weisen die hier gegenläufigen Schraffen auf einen Gegendruck als Vorlage.
Nicolaes Berchem unterhielt alten Berichten zufolge einen florierenden Werkstattbetrieb, und die Existenz verschiedener, in Motiv und Technik übereinstimmender Schülerkopien lässt an gemeinsame Zeichensitzungen seiner Schüler denken.(Anm.3) Dabei sind Nuancen in der stilistischen Ausdrucksweise beobachten, die eine Händescheidung zumindest ansatzweise ermöglichen. Eine im Motiv mit unserem Blatt korrespondierende, also auf dieselbe unbekannte Berchem-Zeichnung zurückgehende „Flusslandschaft“ in Paris unterscheidet sich in den weicheren Konturen.(Anm.4) Vielleicht von gleicher Hand ist hingegen eine ehemals Berchem zugeschriebene „Winterszene mit Eisläufern“ in deutschem Privatbesitz.(Anm.5)

Annemarie Stefes

1 Vgl. Annemarie Stefes: Nicolaes Berchem (1620-1683). Die Zeichnungen, 3 Bde., Bern, Univ., Diss. 1997, Bd. 1, S. 91–94.
2 Z. B. „Flusslandschaft mit Fährboot“, Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. RF 29059, Emmanuel Starcky: Ecole allemande, des Anciens Pays-Bas, flamande, hollandaise et suisse XVe-XVIIIe siècles. Supplément aux inventaires publiés par Frits Lugt et Louis Demonts., Musée du Louvre, Cabinet des Dessins. Inventaire général des dessins des écoles du Nord, Paris 1988, Nr. 199, Annemarie Stefes: Nicolaes Berchem (1620-1683). Die Zeichnungen, 3 Bde., Bern, Univ., Diss. 1997, Bd. 3, Nr. III/65.
3 Vgl. Arnold Houbraken: De groote Schouburg der Nederlantsche konstschilders en schilderessen … zijnde een vervolg op het schilderboek van K. van Mander, 3 Bde., ’s Gravenhage 1718-1721, 1719, S. 111 und Annemarie Stefes: Nicolaes Berchem (1620-1683). Die Zeichnungen, 3 Bde., Bern, Univ., Diss. 1997, Bd. 1, S. 8–9 und S. 94. Von der unter Anm. 2 erwähnten Pariser „Flusslandschaft“ sind drei Schülerkopien abzuleiten: Aukt.-Kat. Amsterdam, Sotheby’s, 5. 11. 2002, Nr. 115, Annemarie Stefes: Nicolaes Berchem (1620-1683). Die Zeichnungen, 3 Bde., Bern, Univ., Diss. 1997, Bd. 3, Nr. AZ 76; Besançon, Musée des Beaux-Arts et d’Archéologie, Inv.-Nr. D 461, ebd. Nr. AZ-83; Cambridge (Mass.), Harvard Art Museum/Fogg Museum, Inv.-Nr. 1965.199, ebd. Nr. AZ-110.
4 Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 22459, Annemarie Stefes: Nicolaes Berchem (1620-1683). Die Zeichnungen, 3 Bde., Bern, Univ., Diss. 1997, Bd. 3, Nr. AZ-112; von gleicher Hand wie die „Hopfenernte“ in gleicher Sammlung, Inv.-Nr. 22460, ebd., Nr. AZ-111. Diese Zeichnungen sind Gegendrucke mit „linksläufig“ angelegten Schraffen, wurden also im Abklatschverfahren von heute unbekannten Exemplaren gewonnen. Zu der „Hopfenernte“ ist Berchems – gegenseitig ausgerichtete – Vorlage bekannt: Kunsthalle Bremen, Kupferstichkabinett (Kriegsverlust), Inv.-Nr. 824, Kunsthalle Bremen, Dokumentation 1991, Nr. 1158, Annemarie Stefes: Nicolaes Berchem (1620-1683). Die Zeichnungen, 3 Bde., Bern, Univ., Diss. 1997, Bd. 3, Nr. III/64.
5 Zuvor Aukt.-Kat. Amsterdam, Sotheby’s, 9. 11. 1999, Nr. 2 (150 x 262 mm) mit alter Bezeichnung „Berghem“. Die dort vorgenommene Zuweisung an Pieter Bout ist m. E. abzulehnen angesichts des aus stilistischer Sicht wenig überzeugenden Vergleichs mit zwei Rötelzeichnungen in London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. Ff,4.119 und Inv.-Nr. Ff, 4.120, die zudem nicht in Nicas Werkverzeichnis von 1993 aufgenommen wurden. – Ein nachträglich überarbeiteter Abklatsch in Edinburgh, National Gallery of Scotland, Inv.-Nr. D 1340, Keith Andrews: Catalogue of Netherlandish Drawings in the National Gallery of Scotland, 2 Bde., Edinburgh 1985, Bd. 2, Abb. 762 könnte direkt auf Berchems verlorene, durch die 1999 versteigerte Kopie dokumentierte „Winterszene“ zurückgehen.

Details zu diesem Werk

Rötel auf gelblichem Papier; Einfassungslinien (Rötel) 157mm x 261mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1963-130 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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