Ludolf Backhuysen (I), Nachfolger, Zeichner

Vier Schiffe mit vollen Segeln am Ausgang der Zuiderzee, um 1680-1690

Ausschlaggebend für die alte Zuschreibung an Backhuysen war sicher die Verbindung von braunen Konturen mit breit angelegtem grauen Lavis, wie sie ähnlich auf dessen Zeichnungen der 1680er und 1690er Jahre begegnet.(Anm.1) Jedoch findet sich die Beschriftung einzelner „Landmarken“ in dieser Form nicht im Œuvre des Künstlers, und auch die flächig abgetönten Segel der einheitlich verschatteten Dreimaster unterscheiden sich von der deutlich lebendigeren Lichtwirkung der Backhuysen-Zeichnungen. Gegen Backhuysens eigene Hand spricht letztlich auch die allzu sparsame Binnenzeichnung, ebenso wie die mangelnde Beherrschung der Perspektive, wie sie sich etwa an der Darstellung der Hecksaufbauten der Vergnügungsyacht rechts zeigt.(Anm.2) In den bisweilen kringelig verspielten Konturen und der flächigen Lavierung finden sich Anklänge an Zeichnungen des Backhuysen-Nachfolgers Jacobus Storck.(Anm.3)
Offenbar war dem Zeichner weniger an der Darstellung der Schiffe gelegen als an der Wiedergabe eines für die holländische Seefahrt wichtigen Küstengebiets. Der Standort des Betrachters befindet sich mitten im Maarsdiep, der Meerenge am ehemaligen Ausgang der Zuiderzee. Die Insel Texel im Rücken, richtet sich der Blick auf die südliche Küste des Festlandes mit den Ortschaften Nieuwediep, Den Helder und Huisduinen. Über das Marsdiep mit seinen gefährlichen Sandbänken führte im 17. Jahrhundert der einzige Zufahrtsweg von der Nordsee nach Amsterdam. Erst im frühen 20. Jahrhundert wurde die Zuiderzee durch den „Aflsluitdijk“ von der Nordsee getrennt und dadurch zum Ijsselmeer umgewandelt.
Die ganz links zu erkennende Ortschaft Nieuwediep diente im 17. Jahrhundert als Zufluchtsort für Fischerboote bei schwerem Wetter und wurde zwischen 1779 und 1782 für die größer werdenden Schiffe zu einer Art Vorhafen von Amsterdam ausgebaut. Dieser Zustand scheint durch das Hamburger Blatt noch nicht dokumentiert. Angesichts des Wasserzeichens ist von einer Entstehung im späten 17. oder frühen 18. Jahrhundert auszugehen.

Annemarie Stefes

1 Gemeente Amsterdam, Stadsarchief, Inv.-Nr. Dr II-0002, um 1690/1700, Ausst.-Kat. Amsterdam 2004, Nr. 39.
2 Von Gerlinde de Beer wurde die traditionelle Zuschreibung an Backhuysen ebenfalls abgelehnt (Mitteilung per Brief, 6. 5. 2009).
3 Vgl. die 1675 datierte „Seeschlacht“ in London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1836,0811.517, oder ihr Gegenstück, ebd. Inv.-Nr. 1836,0811.516. Auf einem ebenfalls in London verwahrten Seestück des Abraham Storck finden sich vergleichbare Ortsangaben in allerdings abweichender Handschrift: London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1946,0713.177: „het huys popstens-burgh“ – mit 186 x 296 mm annähernd maßgleich. Die Zuiderzee wurde auf mehreren Gemälden des Abraham Storck dargestellt, z. B. „Fischerboote bei Sturm bei den Helder“, Greenwich, National Maritime Museum, Inv.-Nr. BHC0934, um 1670/75.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun, Pinsel in Grau über Skizze in Graphit; Einfassungslinien (Feder in Schwarz) 180mm x 295mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1963-120 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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