Jan van Kessel, Nachfolger, Zeichner

Ansicht von Bergen op Zoom (nach Jan van Kessel?)

Die topographische Bestimmung geht zurück auf J. W. Niemeijer, der die hier dargestellte Kirche mit der „Grote Kerk“ in Bergen op Zoom identifizierte; der Blick fällt vom Südwall auf die Rückseite der Häuser der „Schoolstraat“.(Anm.1) Ein nahezu identisches Blatt wurde 1889 auf der Auktion Josef Carl von Klinkoschs verkauft und galt dort als Werk Jacob van Ruisdaels.(Anm.2) Niemeijer setzte diese Arbeit mit unserer Zeichnung gleich, doch trug die Klinkosch-Zeichnung, der Abbildung im Auktionskatalog nach zu urteilen, eine alte Beischrift in der rechten oberen Ecke. Diese fehlt auf dem Hamburger Blatt, und eine spätere Entfernung ist auszuschließen, denn entsprechende Spuren sind auf unserer Zeichnung nicht zu erkennen. Auch lassen sich im Vergleich mit der Abbildung aus dem Auktionskatalog von 1889 minutiöse Abweichungen beobachten, etwa in der Gestaltung des Baumschlags rechts oder den Wolkenkonturen, und auf unserem Blatt fehlt das Sammlerzeichen Klinkoschs (L. 577). Diese Indizien könnten auf die Existenz zweier Zeichnungen verweisen, wobei das Hamburger Blatt angesichts der ungewöhnlichen Überarbeitung mit Feder und Graphit als mutmaßliche Zweitfassung angesehen werden sollte.
Anders als die Klinkosch-Zeichnung galt das Hamburger Blatt seit seiner Erwerbung 1957 als Arbeit Jan van Kessels. Dessen Autorschaft wurde abgelehnt von Alice Davies aufgrund des komplexeren Bildaufbaus und der abweichenden Behandlung von Gebäuden und Bäumen.(Anm.3) Gleichwohl finden sich in der Wiedergabe von Bäumen und Architektur Anklänge an gesicherte Zeichnungen Jan van Kessels.(Anm.4) So wäre die Hand eines bislang nicht identifizierten Van Kessel-Nachfolgers denkbar. Möglicherweise ist unser Blatt aber auch eine Kopie nach der verschollenen Klinkosch-Zeichnung. Eine von unbekannter Hand in Graphit auf Pergament gearbeitete Zeichnung des „Spui“ von Bergen op Zoom ist sorgfältiger gearbeitet und daher sicher nicht demselben Urheber zuzuschreiben, im Gegensatz zu der von Mosselveld/Van Ham 1973 vertretenen Annahme.(Anm.5)

Annemarie Stefes

1 J. W. Niemeijer: Varia Topografica, in: Oud Holland 77, 1962, S. 61-63, S. 61 mit Verweis auf Spilmans Stich in „Het Verheerlijkt Nederland“, Bd. 1, 1739, Abb. 6; die Vorzeichnung Abraham de Haens befindet sich in Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1881-A-156, J. H. van Mosselveld, W. A. van Ham: Tekeningen van Bergen op Zoom: topografische afbeeldingen van Bergen op Zoom en omgeving uit de zestiende tot en met de achttiende eeuw, Bergen op Zoom 1973, Abb. 2; vgl. ebd. S. 58.
2 Aukt.-Kat. Wien, Wawra, 15. 4. 1889, Nr. 808.
3 E-Mail vom 27. 9. 2007. Auch die Überarbeitung der grau lavierten Kreidezeichnung mit brauner Feder und Graphit wäre ungewöhnlich für die Hand dieses Künstlers.
4 Z. B. Paris, Fondation Custodia, Inv.-Nr. 3085, Alice I. Davies: Jan van Kessel (1641-1680), Doornspijk 1992, Nr. d11; Haarlem, Teylers Museum, Inv.-Nr. R*9, ebd. Nr. d18.
5 J. H. van Mosselveld, W. A. van Ham: Tekeningen van Bergen op Zoom: topografische afbeeldingen van Bergen op Zoom en omgeving uit de zestiende tot en met de achttiende eeuw, Bergen op Zoom 1973, S. 14, Zeist, Rijksdienst voor de Monumentenzorg, ebd. Abb. 17.

Details zu diesem Werk

Schwarze Kreide, Pinsel in Grau; stellenweise überarbeitet mit Graphit und Feder in Braun, auf gelblichem Papier 198mm x 306mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1957-166 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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