Franz Horny

Schreitender Wasserträger, 1822

Die Zeichnung stammt aus einem kleinen Skizzenbuch, das Franz Horny 1822 in Olevano mit Studien von Landschaften, Figuren und Pflanzen anlegte. Die Angaben auf den Blättern datieren vom 26. Juni bis zum 9. November 1822, also aus einer Zeit, da Horny bereits seit drei Jahren wegen eines Lungenleidens in dem kleinen italienischen Bergdorf mitten in den Äquerbergen lebte. Die zahlreichen Studien nach der Natur zeugen von Hornys stetigem Bemühen, sich entsprechend dem Rat seines Förderers Rumohr von dem streng linearen Formenideal der Nazarener abzusetzen. Dass es Horny dabei nicht leicht fiel, im Spannungsfeld zwischen nazarenischer und realistischer Kunstauffassung einen eigenen Weg zu finden, zeigen seine immer wieder in Briefen geäußerten Selbstzweifel: „Meine an sich lebhafte Phantasie trieb und drängte mich immer mehr, aber ich konnte die Schwierigkeit nicht überwinden (...). Alle Versuche von eigener Erfindung, die ich machte, fand ich schwach, dass ich mich gar nicht getraute, sie nur irgend jemand sehen zu lassen" (zit.nach E. L. Schellenberg [Hrsg.]: Der Maler Franz Horny. Briefe und Zeugnisse, Berlin 1925, S. 187).

In der schwungvollen Kühnheit seiner Linie, der ganz eigenen Kalligraphie seiner Handschrift zeigt sich jedoch die großartige Zeichenkunst Hornys. Befreit von Konventionen einer zu getreuen Naturwiedergabe, steigerte sie sich zu einer abstrahierenden Form und trug so zur Öffnung und Autonomie der Landschaftskunst seiner Zeit bei. Innerhalb kürzester Zeit erreichten Hornys Naturstudien einen eigenständigen, freien Charakter, der sich auch in seiner Begeisterung für die Farben der Natur zeigt, „von der man im Norden bei uns keinen Begriff, und um sie wiederzugeben keine Mittel hat" (zit. nach Schellenberg 1925, S.198).

Viele der Blätter, so auch die Skizze des „Wasserträgers“, hat Horny mit kurzen Farbnotizen versehen, um die momentanen Licht- und Farbstimmungen für spätere Darstellungen festzuhalten. Die Skizzenbücher dienten Horny als Archiv für spätere Landschafts- und Figurenkompositionen, wie die Aufnahme unseres Motivs in die Darstellung der lavierten Federzeichnung "Landschaft bei Subiaco mit wandernden Landleuten“ zeigt (um 1822, Kunstsammlungen zu Weimar; abgebildet in Ausst.-Kat. Franz Theobald Horny, Kunstsammlungen zu Weimar 1998, S.126, Kat.-Nr. 42 ).

Petra Roettig

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aus dem Hamburger Skizzenbuch, 1822 (Inv. Nr. 1950/128)
Halblederband der Zeit, geripptes Papier, 79 meist doppelt bezeichnete, 19 leere Blätter; dazu 32 einzelne Blätter, die bald nach der Erwerbung entnommen und einzeln aufgelegt wurden (Inv. Nr. 1950/129-137n; 1959/46-54).


1950-137a, Wasserträger
Die Studie des Wasserträgers, die in ihrer finalen Ausarbeitung mehr als eine bloße Skizze darstellt, hat Horny nahezu unverändert, gleichwohl abstrahierter in die Figurengruppe seiner Landschaft bei Subiaco mit den „Mammellen“ und Landleuten übernommen (Anm. 1). Eine detaillierter ausgeführte, zweite Fassung der Landschaft befindet sich in Frankfurt (Anm. 2).
Vgl. zum sitzenden Bauern auf der Versoseite die ebenfalls am 20. August 1822 entstandenen Zeichnungen im Münchner Skizzenbuch (Anm. 3).
1 Landschaft bei Subiaco mit den „Mammellen“ und Landleuten, Feder in Grau und Braun über Bleistift, Pinsel in Grau, 237 x 257 mm, Klassik Stiftung Weimar, Kunstsammlungen, Graphische Sammlung, Inv. Nr. KK 1844, vgl. Horny 1998, S. 160, Nr. 42, Abb. S. 126.
2 Landschaft bei Subiaco mit den „Mammellen“ und Landleuten, Feder in Braun über Bleistift, 251 x 278 mm, Frankfurt, Städel-Museum, Graphische Sammlung, Inv. Nr. 16169.
3 Skizzenbuch 63, Staatliche Graphische Sammlung München, Inv. Nr. 1959:12, fol. 51 v, fol. 65 r + v.
Peter Prange

Details zu diesem Werk

Feder in Braun über Bleistift, braun laviert 187mm x 123mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1950-137a Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 1800-1850 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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