Philipp Otto Runge

Herakles und Diomedes (?), 1800

Entgegen Berefelt, der noch ein antikes Vorbild annahm (Anm. 1), dürfte es sich ähnlich wie bei Inv. Nr. 1938-73 und Inv. Nr. 1938-74 auch bei Inv. Nr. 1938-75 um keine eigene Erfindung Runges handeln, sondern ebenfalls um eine Nachzeichnung nach einer zeitgenössischen Skulptur. Traeger hat auf Hardorffs Gemälde „Kain und Abel“ (Anm. 2) verwiesen und hält für beide Werke Anregungen aus dem Umkreis des Giambologna für möglich. Zweifellos steht die Statuengruppe, deren Deutung nicht geklärt ist – Herkules und Diomedes (?) -, auf Runges Zeichnung in der Tradition der spätmanieristischen Skulptur, doch dürfte es sich um die Wiedergabe eines Werkes eines spätbarocken, wohl dänischen Bildhauers handeln. Im Gegensatz zu den beiden anderen Nachzeichnungen ist auffallend, dass Runge die Statue nicht im Sinne der akademischen Aktzeichnung vor einem neutralen Hintergrund wiedergibt, sondern vor Sträuchern. Ob dies ein Hinweis darauf ist, dass die Zeichnung nicht nach einem Gipsabguss sondern nach einer Statue in situ, etwa in einem Park entstanden ist, muss einstweilen offen bleiben (Anm. 3).

Peter Prange

1 Berefelt 1961, S. 159, Anm. 1.
2 Gerdt Hardorff, Kain und Abel, Öl/Lw, 79,5 x 58,5 cm, Hamburger Kunsthalle, Inv. Nr. 2748, vgl. Traeger 1975, S. 304.
3 Karin Kryger, Kopenhagen, verweist auf die Ähnlichkeit mit Johannes Wiedewelts Skulpturengruppen für den Schloßpark Fredensborg (email vom 23. September 2014). Zu den Skulpturen Wiedewelts vgl. Karin Kryger/Mette Marciniak: Skulpturerne i brede allè, Fredensborg Slothave, in: Architectura. Arkitekturhistorisk Årsskrift 31, 2009, S. 15-52, und Eric Erlandsen: The Sculptures, the Mythology and the Stars. Wiedewelts Sculptures in ‚Broad Alley‘ in Fredensborg Palace Park, in: Johannes Wiedewelt. A Danish Artist in Search oft he Past, Shaping the Future, hrsg. von Marjatta Nielsen/Annette Rathje, Kopenhagen 2010, S. 63-84. Auf seiner Fußwanderung durch Seeland Pfingsten 1800 hat Runge auch Schloß Fredensborg besucht; in seinem Reisebericht erwähnt er Wiedewelts Skulpturen und zeichnete eine Ansicht des Schlosses, die Daniel abbildete, vgl. HS I, S.404- 408.

Details zu diesem Werk

Schwarze Kreide auf grau grundiertem Papier 555mm x 408mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1938-75 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 1800-1850 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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