Philipp Otto Runge, Zeichner
Annibale Carracci, Nachahmer, Entwerfer

Ruhe auf der Flucht, um 1797

Das Studienblatt zeigt Runges erste Beschäftigung mit dem später wieder aufgegriffenen Thema der „Ruhe auf der Flucht“. Traeger hatte noch eine Anregung durch niederländische Werke des Barock angenommen, doch handelt es sich um die Nachzeichnung einer Radierung nach einer ehemals Annibale Carracci zugeschriebenen Zeichnung (Anm. 1) im „Düsseldorfer Handzeichnungswerk“ (Anm. 2).
Berefelt hat das Blatt in das Jahr 1798 datiert, doch nahm Traeger zu Recht seine Entstehung bereits 1797 an. Eine Studie zum sitzenden Joseph mit einem Baumstamm dahinter befindet sich auf Inv. Nr. 1938-109 verso; offensichtlich wollte Runge ursprünglich die Komposition auf diesem Blatt anlegen, doch hat er diese Idee verworfen.

Peter Prange

1 Nachahmer des Annibale Carracci, Ruhe auf der Flucht, Rötel, Feder in Braun, 171 x 124 mm, Düsseldorf, Museum Kunstpalast, Graphische Sammlung, Inv. Nr. Ka (FP) 480, vgl. Sonja Brink: Lambert Krahes Katalog der Meisterwerke: Das „Recueil des Desseins“ aus den Jahren 1780 und 1781, in: Akademie. Sammlung Krahe. Eine Künstlersammlung für Künstler, Ausst.-Kat. Museum Kunstpalast, München-Berlin 2013, S. 226, 2/17A, Abb.
2 Recueil de Dessins gravés d’aprés les fameux Maitres. Tires de Collection de l’Academie Electorale Palatine des beaux Arts á Düsseldorf, 2de Suite, Düsseldorf 1781, Taf. 15 oben, vgl. Klemm 2010, S. 72, Anm. 5.

verso:
Im Sommer 1797, als Runge bei Herterich Zeichenunterricht nahm, widmete sich der Freundeskreis um Runge auch der Lektüre von Homers „Odyssee“: […] so wie ihn auch unser damaliges Lesen der Odyssee in der ersten unnachahmlichen Uebersetzung von Voß unbeschreiblich traf und erhob. […] Der Odysseus reizte ihn, seine Kräfte im Bogenspannen zu versuchen, wozu ihm ein Werkzeug zur Hand kam, und er sich das Holz zu andern von den Brüdern in Mecklenburg zu verschaffen suchte.“ (Anm. 1) Die künstlerisch wenig ansprechenden Zeichnungen auf den zumeist beidseitig benutzten Blättern sind sicher in dieser Zeit wahrscheinlich nach Vorlagen entstanden. Während der Auktionskatalog von 1938 „antike Vasen und Vasenbilder“ vermutete, hat Berefelt als Vorlagen auf Schlachtenmotive der Renaissance verwiesen. Auch wenn dies nicht ausgeschlossen ist, kann es sich in diesem Falle angesichts des Berichts von Daniel kaum – wie Berefelt vermutet - auf Motive mit dem bogenschießenden Herkules beziehen (Anm. 2).

Peter Prange

1 Daniel Runge: Nachrichten vom dem Lebens- und Bildungsgange des Mahlers Philipp Otto Runge, in: HS II, S. 448.
2 Berefelt 1961, S. 105.

Details zu diesem Werk

Feder in Grau über Bleistift 335mm x 202mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1938-110 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 1800-1850 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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