Anonym, Ende 16.Jahrhundert. Anfang 17. Jahrhundert. (italienisch)

Geißelung Christi

Die Zeichnung gelangte, wohl nicht zuletzt aufgrund der alten Beischrift, unter dem Namen Palma il Giovanes in die Sammlung. Allerdings wurde dabei die vorsichtige Zuordnung an dessen Schule („Sc Palma“) zu einer eindeutigen Zuschreibung geändert. Dies erscheint aber kaum haltbar. Ungewöhnlich ist vor allem die kombinierte Verwendung von Rötel und Lavierung, und auch die hier erkennbare Einbindung der Figuren in einen architektonischen Zusammenhang findet sich bei Palma sehr selten. Dagegen erinnert die Weichheit der Figurenkonturierung an den Venezianer. Eine Einordnung in den weiteren Umkreis des Künstlers erscheint zumindest diskutabel. Eine anonyme Zuschreibung per Kartonnotiz an Giovanni Battista Naldini wurde mit einer ebenfalls anonymen Kartonnotiz zurecht verworfen.
Die Anlage der Komposition mit nackten Figuren könnte darauf hindeuten, dass es sich um eine frühe Kompositionsskizze für ein Gemälde oder Fresko handelt. Unverkennbar ist der Einfluss Michelangelos, denn einige Figuren – so der rechts auf einem Stein kniende Mann und der Peiniger direkt oberhalb davon – wirken wie Variationen von dessen Männerdarstellungen auf dem berühmtem Cascina-Karton. Der Vergleich verdeutlicht das geringe Interesse des anonymen Zeichners an einer anatomisch genauen Wiedergabe der Muskeln. Auffallend ist auch, dass die Geißelung in einer für die italienische Kunst relativ ungewöhnlichen Drastik wiedergegeben worden ist.

David Klemm

Details zu diesem Werk

Rötel, rot laviert, auf blauem Papier 277mm x 206mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1928-187 Sammlung: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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