Ciro Ferri

Entwurf für die Dekoration im Palazzo Borghese in Rom, um 1671

Das Blatt gelangte 1925 mit einer Zuschreibung an Pietro da Cortona (1596–1669) ins Kabinett. Ende der 1920er Jahre wurde es von Antonio Morassi – wohl bei dessen Besuch in Hamburg – Gregorio de Ferrari (1647–1726) zugeschrieben.(Anm.1) Dessen leichterer und luftigerer Entwurfsstil lässt sich jedoch keineswegs mit dem vorliegenden Blatt in Verbindung bringen.(Anm.2) Es war dann offensichtlich Walter Vitzthum, der erstmals die alte Zuschreibung an Cortona stützte, indem er das Blatt mit dessen Ausstattung der Sala di Saturno im Palazzo Pitti in Florenz in Zusammenhang brachte.(Anm.3) Dieses ambitionierte Projekt Cortonas zog sich mit Unterbrechungen von den 1640er Jahren bis 1665 hin. Da der Künstler zeitweilig nicht selbst nach Florenz kommen konnte, hat er die Dekoration weitgehend in Rom entworfen und dem Maler Ciro Ferri zur Ausführung überlassen.(Anm.4) Diese enge Zusammenarbeit führte in der Diskussion des Blattes zu einer wechselvollen Zuschreibung. Nachdem es Malcolm Campbell 1965 als Arbeit Ferris publizierte, wurde die Zeichnung von Sabine Jacob 1975 ohne Abstriche Cortona zugeschrieben. Diese Zuweisung wurde dann wiederum 1977 von Campbell bestätigt.
Bei der Diskussion irritierte von Beginn an, dass der Entwurf trotz der schon konkreten ornamentalen Anlage bei der endgültigen Ausgestaltung der Sala di Saturno kaum berücksichtigt wurde. Lediglich die auf einem Medaillon erkennbare Opferszene befindet sich ansatzweise vergleichbar an der Fensterseite des Raumes.(Anm.5)
Diese Problematik konnte von Jörg Martin Merz insofern gelöst werden, als es ihm gelang, die Hamburger Zeichnung mit einem Raum im römischen Palazzo Borghese in Verbindung zu bringen.(Anm.6) Seit den 1670er Jahren hatte Ferri zum Principe Giovanni Battista Borghese enge Beziehungen aufgebaut und u.a. bei der 1671–1673 erfolgten Ausstattung der Mezzaninräume im römischen Familienpalast der Familie mitarbeiten können. Der erste dieser Räume weist neben Gemälden von Lauri und Dughet ein reiches Dekorationssystem Ferris aus Figuren, Eckpfeilern, Blumen und Festons auf. Merz hat nun vorgeschlagen, dass das Hamburger Blatt wohl einen frühen Entwurfszustand für diese Ausstattung darstellt. Deutliche Übereinstimmungen bestehen nämlich zu einer Zeichnung in Windsor Castle, die der späteren Ausführung des Raumes nahe kommt.(Anm.7) Dies betrifft vor allem die Anordnung von Löwenkartusche und angrenzendem Ornament. Verschwunden ist auf dem Windsor-Blatt die auf dem Hamburger Blatt noch erkennbare Absicht, Erdteile darzustellen. Auch die ursprünglich wohl vorgesehenen kleinteiligen Bildfelder fanden keine Berücksichtigung mehr. Eine Zeichnung nach dem Hamburger Blatt befindet sich in Düsseldorf.(Anm.8)

David Klemm

1 Karteinotiz im Archiv des Kupferstichkabinetts, vgl. Italienische Zeichnungen 1500-1800, bearb. v. Wolf Stubbe, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Hamburg 1957, S. 26.
2 Vgl. z. B. den um 1690 entstandenen Entwurf Ferraris „Amor vincit omnia“ für den Genueser Palast Balbi-Senarega. Vgl. Wolfgang Stechow: Catalogue of Drawings and Watercolors in the Allen Memorial Art Museum, Oberlin College, Oberlin (Ohio) 1976, S. 24, Nr. 120, mit Abb.
3 Vgl. Sabine Jacob: Italienische Zeichnungen der Kunstbibliothek Berlin. Architektur und Dekoration 16. bis 18. Jahrhundert, Berlin 1975, S. 99.
4 Vgl. ausführlich Sabine Jacob: Italienische Zeichnungen der Kunstbibliothek Berlin. Architektur und Dekoration 16. bis 18. Jahrhundert, Berlin 1975, S. 99. Ferri war keineswegs nur für die direkte Umsetzung der Entwürfe Cortonas zuständig, sondern hat nachweislich eigene Entwürfe für die Ausstattung einbringen können.
5 Vgl. Sabine Jacob: Italienische Zeichnungen der Kunstbibliothek Berlin. Architektur und Dekoration 16. bis 18. Jahrhundert, Berlin 1975, S. 99.
6 Jörg M. Merz: Pietro da Cortona und sein Kreis. Die Zeichnungen in Düsseldorf, München, Berlin 2005, S. 238–239.
7 Windsor Castle, Royal Library, Inv.-Nr. 4446; Malcolm Campbell: Pietro da Cortona at the Pitti Palace. A Study of the Planetary Rooms and Related Projects, Princeton Monographs in Art and Archaeology, Bd. 41, Princeton, New Jersey 1977, S. 284, Nr. 147, Abb. 119.
8 Düsseldorf, museum kunst palast, Sammlung der Kunstakademie (NRW), Inv.-Nr. KA (FP) 11621. Jörg M. Merz: Pietro da Cortona und sein Kreis. Die Zeichnungen in Düsseldorf, München, Berlin 2005, S. 417, Nr. 276.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun, braun laviert 158mm x 253mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1925-148 Sammlung: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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