Max Liebermann, Zeichner

Netzflickerinnen, 1894

Auf seiner Hochzeitsreise im Jahr 1884 sah Max Liebermann die Netzflickerinnen zum ersten Mal. Gemeinsam mit dem Künstler Jozef Israels und seiner Frau fuhr das Paar nach Holland, wo beide Maler in Scheveningen Skizzen zu dem Motiv anfertigten. Nachdem zunächst Israels 1886 ein großes Gemälde der Netzflickerinnen geschaffen hatte (Verbleib unbekannt), nahm Liebermann das Thema in zahlreichen Zeichnungen und Ölstudien wieder auf. Im Sommer 1887 begann er mit der Komposition des Gemäldes, auf Grund schwerer Gichtanfälle konnte er die Arbeit jedoch erst im Winter 1888/89 vollenden. Im Januar 1889 wurde das Bild auf der Pariser Weltausstellung gezeigt, wo der damalige Direktor der Berliner Museen, Wilhelm von Bode, es sah und Alfred Lichtwark für die Hamburger Kunsthalle zum Ankauf empfahl. Innerhalb kürzester Zeit gelang es Lichtwark, den Kaufpreis von nur 1000! DM durch Spenden von Hörerinnen seiner Vorlesungen zu finanzieren. Schon im Mai des Jahres 1889 gelangten „Die Netzflickerinnen“ als erstes Gemälde von Liebermann in die Hamburger Kunsthalle.

Im Gegensatz zu der stürmischen Bewegtheit des Gemäldes wirkt die Darstellung der erst 1894 entstandenen Hamburger Bleistiftstudie wesentlich beruhigter, fast still. Liebermann verzichtete auf die zentrale Figur des Bildes, die junge, gegen den Wind ankämpfende Netzflickerin im Vordergrund. Stattdessen betont er die Gruppe der am Boden hockenden Frauen. Tief über ihre Netze gebeugt, scheinen sie in der Natur des flachen Landes aufzugehen. Durch die Vereinzelung der Figuren gelingt es Liebermann, den Eindruck von Harmonie und zugleich Konzentriertheit zu vermitteln. Dagegen weist die mit raschen Strichen angedeutete Modellierung der Wolken bereits auf die Radierung hin, die Liebermann noch im gleichen Jahr nach diesem Entwurf anfertigte.

P. R.

Für das Gemälde vgl. Inv.-Nr. HK-1580.
Vgl. hierzu auch Inv.-Nr. 48000 und 48001.

Details zu diesem Werk

Bleistift, mit Kreide weiß gehöht 235mm x 330mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1924-463 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 1850-1900 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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