Jacob de Wit, Zeichner

Entwurf für ein Deckenbild

Bereits kurz nach seiner Rückkehr aus Antwerpen (1715/16) spezialisierte sich De Wit auf die Deckenmalerei und wurde zum führenden Künstler auf diesem Gebiet.(Anm.1) Ein Bezug zu einem Deckenbild ist angesichts der untersichtigen Perspektive anzunehmen für dieses Blatt und die drei folgenden, in Format, Technik und Stil übereinstimmenden Zeichnungen, deren flüchtig-spontane Handschrift und fehlende Signatur sie als Erstentwürfe charakterisiert.(Anm.2) Vergleichbar schmale, hochformatige Wandpaneele befinden sich im „Huis Hoevelaken“ in Gelderland; eine vergleichbare Entwurfszeichnung in etwas größerem Format wurde 1989 in Amsterdam zum Verkauf angeboten.(Anm.3)
Im Gegensatz zu signierten und detaillierter ausgearbeiteten Deckenentwürfen (Inv.-Nrn. 1928-183, 1939-18) fehlen hier die rückseitigen Hinweise auf Auftraggeber und Datierung. Dies entspricht ihrer Funktion als Ideenskizzen, auf die der Künstler zu späterer Zeit zurückgreifen konnte.(Anm.4) Im Falle von Inv.-Nr. 1921-214 ist ein derartiger Rückgriff tatsächlich nachzuweisen: Die Flötenspielerin links, die weibliche Figur mit dem Tambourin und die Repoussoirfigur unten rechts begegnen leicht abgewandelt auf einer ebenfalls hochformatigen, aber signierten Entwurfszeichnung in Leiden.(Anm.5)
Eine zeitliche Einordnung der undatierten Skizzen ist kaum vorzunehmen. Anhaltspunkte geben allenfalls die in der breitflächigen Lavierung und dem kräftig akzentuierenden Federstrich bestehenden Verwandtschaften zu einem 1719 datierten Blatt in Frankfurt am Main; die verschlungenen Konturen und chiffrenhaft angedeuteten Details erinnern an eine 1718 entstandene „Allegorie auf das Reifen des Weines“.(Anm.6)

Annemarie Stefes

1 Staring 1958, S. 73.
2 Gesichert wird De Wits Hand neben dem stilistischen Befund auch durch die charakteristisch doppelten Einfassungslinien, vgl. Robert-Jan A. te Rijdt: Kaderlijnen: een hulpmiddel bij toeschrijvingen aan Jacob de Wit, in: Delineavit & Sculpsit 23, 2001, S. 18-21.
3 „Aufnahme des Aeneas in den Olymp“, ehemals Herengracht 458, Amsterdam, jetzt Sammlung N. J. van Aalst, Huis Hoevelaken, Adolph Staring: Jacob de Wit 1695-1754, Amsterdam 1958, Abb. 86; „Die Zeit entdeckt die Wahrheit“, Aukt.-Kat. Amsterdam, Sotheby’s, 21. 11. 1989, Nr. 233, Robert-Jan A. te Rijdt: "Een uitnemend geordonnerde en geteekende titel" door Jan Stolker, in: Delineavit et Sculpsit 3, 1990, S. 28-32, Abb. 9. Vgl. auch den dreiteiligen Deckenentwurf aus dem Jahre 1724, Staring 1958, Abb. 85, ohne Standortangabe.
4 Möglicherweise handelt es sich bei den vorliegenden Blättern um vier Varianten zum Thema „Musik“.
5 „Musizierende Bacchanten und Nymphen“, um 1630, Leiden, Prentenkabinet der Universiteit, Inv.-Nr. PK 2134, Janrense Boonstra, Guus van den Hout, Hinke Bakker: In de wolken. Jacob de Wit als plafondschilder, Ausst.-Kat. Amsterdam, Bijbels Museum, Amsterdam 2000, S. 58, Abb. 16.
6 „Jupiter und Mnemosyne“, Frankfurt am Main, Städel Museum, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 2022, Annette Strech: "Nach dem Leben und aus der Phantasie". Niederländische Zeichnungen aus dem Städelschen Kunstinstitut, Ausst.-Kat. Frankfurt am Main, Städel Museum, Mainz 2000, Nr. 87; Aukt.-Kat. Amsterdam, Van Leeuwen 2, 1992, Nr. 445.

Details zu diesem Werk

Rötel, überarbeitet mit Feder in Grau und Schwarz, grau laviert; dreifache Einfassungslinien (Feder in Braun über Rötel) 171mm x 84mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1921-213 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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