Stefano della Bella, Zeichner

Polnischer Reiter, um 1645

Seitengleiche Vorstudie zu der Radierung "Der Polnische Reiter".(Anm. 1) Das Blatt zeigt einen Husar, der als Mitglied der polnischen Kavallerie nur leichte Waffen trägt. Als besonderes Merkmal seiner Uniform sind Flügel an seinem Rücken befestigt. Dieser Brauch wurde von vielen Soldaten im 17. Jahrhundert abgewandelt und die Flügel nur noch in rein dekorativer Absicht am Sattel befestigt wurden. Der Entwurfsprozess der Hauptfigur ist weitgehend abgeschlossen, da sich nur geringe Unterschiede zur Radierung aufzeigen lassen.(Anm. 2) Dagegen weist die Hintergrundgestaltung noch deutliche Unterschiede zur Radierung auf. Auf der Hamburger Zeichnung sind lediglich rechts ein Pferd mit Reiter und unterhalb des Pferdekörpers ein galoppierendes Pferd mit Reiter schemenhaft angedeutet. Diese Figuren sind in der Radierung ausgearbeitet und zudem durch einen weiteren Reiter zu Pferde sowie durch einen Pferdehalter ergänzt.
Eine Detailstudie für den Oberkörper des Reiters befindet sich in Rom.(Anm. 3) Dort hält der Reiter den Säbel noch gesenkt vor sich; auch ist die Haltung der rechten Hand noch anders. Die Zeichnung muss daher früher als das Hamburger Blatt entstanden sein. Dies gilt auch für die Studie in den Uffizien, die den Reiter und das Pferd komplett zeigt, aber gegenüber dem Hamburger Blatt skizzenhafter angelegt ist.(Anm. 4)
Sämtliche Studien entstanden wahrscheinlich im Rahmen von della Bellas umfangreichen Vorarbeiten zu dem um 1645 entworfenen "Einzug des polnischen Botschafters Krysztof Opalinski in Paris". Ein mehrteiliger Gesamtentwurf des nicht radierten Einzugs befindet sich in London.(Anm. 5) Mieczyslaw Paszkiewicz erkannte auf einem der Blätter einen im Vergleich zum Hamburger Blatt sehr ähnlich dargestellten Husar zu Pferde. Dieser kann durch eine zeitgenössische Beischrift als Kapitän zu Pferd Szczodrowski, Hofmann von Krysztof Opalinski, identifiziert werden.(Anm. 6) Paszkiewicz' Vorschlag, diese Person auch in dem sogenannten Polnischen Reiter zu erkennen, ist allerdings nicht stichhaltig. Während es della Bella bei dem Einzug von 1645 um die Darstellung eines historischen Ereignisses mit konkreten Individuen ging, vertritt der Polnische Reiter ganz allgemein einen bestimmten Typus der "Exotischen Reiter", die della Bella 1648/50 als elfteilige Folge radierte.(Anm. 7)

David Klemm

1 Stefano della Bella. Catalogue Raisonné, bearb. v. Alexandre de Vesme, with Introduction and Additions by Phyllis Dearborn Massar. 2 Bde., New York 1971, Nr. 276.
2 So ist z.B. die am Hals des Pferdes baumelnde Troddel auf der Zeichnung noch nicht vorhanden.
3 Rom, Istituto Nazionale per la Grafica, Inv. Nr. FC 126048; Disegni di Stefano della Bella 1610-1664 dalle collezioni del Gabinetto Nazionale delle Stampe, bearb. v. Maria Catelli Isola, Ausst.-Kat. Rom, Palazzo della Farnesina, Rom 1976, S. 33, Nr. 64.
4 Florenz, Gabinetto dei Disegni e delle Stampe degli Uffizi, Inv. Nr. 8026 F.
5 London, British Museum, Inv. Nr. 1895-6-17-390.
6 Jolanta Talbierska: Stefano della Bella (1610-1664). Etchings from the Collection of the Print Room of the Warsaw University Library, Warschau 2001, S. 183, Nr. 33.
7 Zur Folge vgl. Stefano della Bella. Ein Meister der Barockradierung, Ausst.-Kat. Karlsruhe, Kunsthalle, Karlsruhe 2005, S. 207-211 mit älterer Literatur; Jolanta Talbierska: Stefano della Bella (1610-1664). Etchings from the Collection of the Print Room of the Warsaw University Library, Warschau 2001, S. 183.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun, montiert auf hellem, türkisfarbigen Papier 164mm x 143mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1917-506 Sammlung: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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