Virgil (Virgilius) Solis (Sollis)

Rückenansicht eines Engels, 1537

Die ikonographische Bedeutung des Blattes bleibt rätselhaft. So sieht Franke (O’ Dell) in der geflügelten Figur eine Darstellung der Fides, wofür auch die aus dem Himmel hervorbrechenden Strahlen sprechen würden.(Anm. 1) Das Motiv des Eichhörnchens – in Heinrich Alderevers Tugendfolge von 1552 im Wappen zwar als Attribut der Diligentia (Bartsch 123) eingesetzt (Anm. 2) – scheint hier jedoch eher als spielerisches Moment hinzugefügt worden sein. Stilistisch unterscheidet sich die Figur des Engels von Solis’ späteren, weit schwungvolleren Zeichnungen (vgl. Inv.-Nr. 1917-143) durch eine gewisse Starrheit und teils unbeholfene Schraffierung. Auffallend ist der Unterschied zwischen dem lockeren Federstrich der Wolken- und Bodenlinien gegenüber der etwas unsicher gezeichneten Figur. O’Dell vermutet daher zu Recht, dass die Figur nach einem Vorbild gezeichnet ist und der Rest frei erfunden wurde. Die Rückenfigur als Motiv hat Solis in zahlreichen Landsknecht- und Tugenddarstellungen illustriert, von denen eine Zeichnung in London von 1541 in Haltung und Ausdruck unserer Darstellung am nächsten ist.(Anm. 3)

Petra Roettig

1 Franke 1967, S. 56–57, Nr. 38, Taf. 2. Als vergleichbare Rückenfigur mit flatterndem Kleid nennt O’Dell die Geometria (Bartsch 126) von Hans Sebald Beham in der Folge der sieben freien Künste.
2 In einer früheren Tugendfolge Aldegrevers von 1549/50 erscheint die Diligentia (Bartsch 105) zwar mit Flügeln, aber ohne das Eichhörnchen.
3 London, British Museum, Inv.-Nr. 1874-8-8–2276; vgl. John Rowlands: Drawings by German artists and artists from german-speaking regions of Europe in the Department of Prints and Drawings in the British Museum: The Fifteenth Century, and the Sixteenth Century by artists before 1530, London 1993, Bd. 1, S. 216, Nr. 465, Pl. 290; Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett, KdZ 2087, 964, 999 und 958, vgl. Elfried Bock: Staatliche Museen zu Berlin: Die deutschen Meister. Beschreibendes Verzeichnis sämtlicher Zeichnungen, Berlin 1921, S. 83–85.

Details zu diesem Werk

Feder in Schwarz 141mm x 90mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1917-142 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 15.-18. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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