Anonym (holländisch, 17. Jh.), Zeichner/in

Bäume am Ufer

Aus unmittelbarer Nähe ist das Ufer eines stillen Gewässers wiedergegeben. Weidenstämme, verfallene Plankenzäune und Gebüsch sind mit flottem Kreidestrich flüchtig angelegt und von leichter Hand mit dem Pinsel getuscht.
Erstmals erkannt hatte Abraham Bloemaert den malerischen Wert derartig unprätentiöser Motive,(Anm.1) und eine Entstehung in Umkreis oder Nachfolge dieses Künstlers erscheint grundsätzlich denkbar für das vorliegende Blatt. Auch lassen sich stilistische Bezüge zu Zeichnungen des Bloemaert-Schülers Jan Baptist Weenix beobachten, etwa in der weichen, bisweilen verschlungenen Konturenführung im Bereich der Holzplanken.(Anm.2) Gegen eine Zuschreibung an Weenix spricht jedoch die weniger konzentrierte Ausführung. Vergleichbare Arbeiten seines Sohnes Jan Weenix – in ihrem lockeren Konturengefüge grundsätzlich verwandt – sind in Umrisslinien und Pinselakzenten wiederum deutlich eckiger und straffer gearbeitet.(Anm.3)
In eine andere Richtung weist die Nähe zu einer Daniël Schellinks zugeschriebenen Zeichnung in Braunschweig.(Anm.4) Verwandtschaften finden sich in den durchgezogenen Pinselstrichen zur Schattierung der Bäume, den Vegetationskringeln und auch in der Anlage der Schraffen. Geschmeidiger Linienfluss und breitflächige bzw. locker getupfte Pinselarbeit begegnen zudem in ähnlicher Weise auf einer monogrammierten Zeichnung dieses Künstlers und der daran anschließenden Inv.-Nr. 22709.(Anm.5) Schellinks ist als Zeichner unzureichend erforscht, doch könnte seine Urheberschaft für dieses Blatt durchaus in Betracht gezogen werden.(Anm.6)

Annemarie Stefes

1 Vgl. Zeichnungen in New Haven, Yale University Art Gallery, Inv.-Nr. 1961.61.68, Jaap Bolten: Abraham Bloemaert. The Drawings. Catalogue, 2 Bde, Leiden 2007, Nr. 1406; Victoria (Australien), Privatbesitz, ebd. Nr. 1459; Wien, Grafische Sammlung Albertina, Inv.-Nr. 8147, ebd. Nr. 1494; vgl. auch Inv.-Nr. 21726 und die Landschaftsstiche des Frederik Bloemaert (1614/17–1690), darunter besonders H. 288, Marcel George Roethlisberger: Abraham Bloemaert and his Sons, 2 Bde., Doornspijk 1993, Abb. 654.
2 Vgl. die Weenix zugeschriebene Inv.-Nr. 1994-4 oder die signierte Zeichnung in Wien, Grafische Sammlung Albertina, Inv.-Nr. 9561, Anne-Charlotte Steland: Jan Baptist Weenix in Rom - 1643 bis 1647. Zur Datierung des zeichnerischen Frühwerks anhand von Signaturveränderungen, in: Niederdeutsche Beiträge zur Kunstgeschichte 33, 1994, S. 87-112, Abb. 2.
3 Vgl. „Parklandschaft mit Pfauen“, Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T–1966-21, bei stellenweise vergleichbar rundlichen Umrisslinen und luftigen Schnörkeln.
4 „Holzbrücke und Haus bei einem Bach“, Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. Z 2571.
5 London, Courtauld Institute of Art, Inv.-Nr. D.1952.RW.3275, zu diesem Blatt vgl. Inv.-Nr. 22709, Anm. 2.
6 Möglicherweise könnte dies sogar die Bezüge zu Jan Baptist Weenix erklären. Ein Kontakt des Amateurzeichners Schellinks mit Weenix, der nach seiner Rückkehr aus Italien von 1674 bis 1649 in Amsterdam lebte, wäre nicht auszuschließen und könnte die stilistische Nähe zwischen dem unter Anm. 5 zitierten monogrammierten Blatt und einer Pinselzeichnung des Jan Baptist Weenix erklären: Lyon, Musée des Beaux-Arts, Inv.-Nr. 1962-342, Photo RKD, vergleichbar in der geschmeidigen Konturierung der Steine.

Details zu diesem Werk

Schwarze Kreide, Pinsel in Grau 255mm x 300mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1916-38 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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