Johann Christoph Erhard, Zeichner

Blick aus der Campagna auf die Porta Asinaria, um 1820

Beide Blätter zeigen die Ansicht eines von Sträuchern eingerahmten Weges vor der Aurelianischen Stadtmauer mit Blick auf die Porta Asinaria. Während Inv.-Nr. 1915-55 im Format Erhards gängigen Skizzenbuchblättern entspricht, unterscheidet sich Inv.-Nr. 23196 durch das größere Format, das auf eine Entstehung erst 1821 hinweist. Erhards Ansicht gleicht annähernd einem Blatt mit der Porta Asinaria von Julius Schnorr von Carolsfeld aus seinem italienischen Landschaftsbuch in Dresden (Anm. 1), von dem Schnorr berichtet, er habe es „in Gesellschaft des sehr begabten Künstlers Ehrhardt“ gezeichnet, „der damals schon sehr leidend war und bald darauf einer unheilbaren Schwermuth erlag.“(Anm. 2) Da Schnorrs Ansicht das Datum „3. März 1821“ trägt, ist davon auszugehen, dass Erhards Blatt am gleichen Tag entstand.
Auch Georg Ernst Harzen erwähnt, dass Erhards Zeichnung bereits die Anzeichen seiner Gemütskrankheit zeigt, sie trage „sichtlich Spuren der deprimierten Stimmung die ihn befaßte. Sie ist mit zaghafter Hand kleinlich und planlos desultorisch behandelt. // matt / ziellos."(Anm. 3) Auch wenn gegenüber Inv.-Nr. 1915-55 eine kleinteiligere und gleichzeitig weniger kräftige Zeichenweise bei Inv.-Nr. 23196 feststellbar ist, lässt sich damit kaum Harzens hartes Urteil rechtfertigen, wonach die Zeichnung ziellos und planlos behandelt sei. Auch die altmodische Bezeichnung als „desultorisch“ zielt im Sinne von unbeständig und ohne Ausdauer in diese Richtung, mit der Harzen sicher auch den unvollendeten Zustand des Blattes meint. Tatsächlich war Erhard zu dieser Zeit offensichtlich nicht mehr in der Lage, die für seine Verhältnisse großformatigen Kompositionen vollständig durchzuarbeiten. Dies gilt in besonderem Maße für die Staffage in Gestalt einer jungen Bäuerin, in deren Typenhaftigkeit sich Erhards Gemütszustand zu spiegeln scheint.
Im Vergleich mit Schnorrs Ansicht , die in unmittelbarer Nachbarschaft – Schnorr nahm wohl einen Standpunkt etwas weiter hinten links ein – entstand, allerdings wirkt Erhards Zeichnung tatsächlich insbesondere in der Erschließung der Raumgründe unentschlossener und weniger klar. Ob Inv.-Nr. 1915-55 vor Inv.-Nr. 23196 im Sinne einer ersten skizzenhaften Annäherung entstand oder danach, lässt sich kaum schlüssig erklären, doch ist vorstellbar, dass Inv.-Nr. 1915-55 erst danach als Versuch entstand, die zentralen Bestandteile der Komposition noch einmal gesondert herauszuarbeiten.

Peter Prange

1 Julius Schnorr von Carolsfeld, Porta San Giovanni in Rom, 1821, Bleistift, Feder und Pinsel in Braun, 226 x 307 mm, Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. C 1908-826, vgl. Kuhlmann-Hodick 2000, S. 220-221, Nr. 27.
2 Julius Schnorr von Carolsfeld: Zwölf Briefe zu dem Landschaftsbuch an Herrn Eduard Cichorius mit einem Vorwort und einem Nachwort von J. Schnorr, Dresden im October 1867, Manuskript, Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Inv. Ca 54 fy, zitiert nach Kuhlmann-Hodick 2000, S. 221.
3 Vgl. Angaben zur Provenienz.

Details zu diesem Werk

Bleistift 179mm x 222mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1915-55 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 1800-1850 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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